Berlin. .

Das Kabinett hat das umstrittene Energiekonzept beschlossen. Das verlautet aus Regierungskreisen. Demnach sollen Atomkraftwerke durchschnittlich zwölf Jahre länger am Netz bleiben als ursprünglich vereinbart.

Das Bundeskabinett hat das umstrittene Energiekonzept beschlossen. Das erfuhr die Nachrichtenagentur dapd am Dienstag aus Regierungskreisen. Das Konzept hat zum Ziel, den CO2-Ausstoß bis 2050 um 80 Prozent zu senken. Der Kernenergie wie auch der Kohle werden bis dahin eine Brückenfunktion zugemessen.

Die Regierung sieht daher eine Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke vor und macht den von Rot-Grün eingeleiteten Atomausstieg rückgängig. Durch eine Novelle des Atomgesetzes sollen die Kraftwerke im Durchschnitt 12 Jahre länger betrieben werden können. Für die sieben älteren Atomkraftwerke in Deutschland sollen die Laufzeiten um acht Jahre, für die zehn Reaktoren, die ab 1980 ans Netz gingen, um 14 Jahre verlängert werden.

Kernbrennstoffsteuer fließt in Bundeshaushalt

Im Gegenzug sollen die Kernkraftwerksbetreiber von 2011 bis 2016 jährlich 2,3 Millarden Euro Kernbrennstoffsteuer zahlen, die in den Bundeshaushalt fließen. Darüber hinaus wird ein Sondervermögen zur Förderung der erneuerbaren Energien eingerichtet. In diesen „Energie- und Klimafonds“ sollen die Betreiber einen Teil ihrer aus der Laufzeitverlängerung resultierenden zusätzlichen Gewinne zahlen. Geplant sind bis 2016 zunächst etwa 1,4 Milliarden Euro jährlich.

Das Energiekonzept sieht zudem vor, 60 Prozent der Energieversorgung bis 2050 aus alternativen Energiequellen zu beziehen. Der Energiebedarf von Gebäuden soll durch entsprechende Wärmedämmung um 80 Prozent gesenkt werden. Dafür will der Bund bereits im kommenden Jahr bis zu einer Milliarde Euro ausgeben.

Im Verkehrsbereich sollen Grenzwerte für den CO2-Ausstoß in Abstimmung mit den Vorgaben der EU-Kommission festgelegt werden. Ursprünglich war vorgesehen gewesen, den Grenzwert auf 35 Gramm im Jahr 2040 festzusetzen.

SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte in der ARD, die Regierung bremse den Aufbau von 300.000 Arbeitsplätzen in der Ökostrombranche. Solange die Atomkraftwerke weiter liefen, „können sie erneuerbare Energien gar nicht fördern, weil sie den Strom nicht ins Netz bekommen“. Private Investoren würden nicht weiter in die Branche investieren, sagte Gabriel, der in der Großen Koalition Umweltminister war. Die Regierung habe „alle klugen Maßnahmen“ aus dem Konzept wieder hinausgeworfen. Der geplante Fonds verstoße nach seinem Verständnis gegen das Atomgesetz.

Greenpeace protestiert

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin, früher Umweltminister der rot-grünen Koalition, erhob ebenfalls den Vorwurf, die Bundesregierung bremse eine boomende Branche aus. Das führe dazu, dass im Jahr 2050 ein Viertel des deutschen Strombedarfs aus Importen gedeckt werden müsse, sagte Trittin im Südwestrundfunk. Die Grünen würden die längeren Laufzeiten rückgängig machen, sobald sie wieder an der Macht seien. Zudem werde man gemeinsam mit der SPD vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die längeren Laufzeiten zu klagen. Die Umweltorganisation Greenpeace protestierte in der Nacht zum Dienstag mit Aktionen an den deutschen Atommeilern gegen die längeren Laufzeiten. Sie fordert den Atomausstieg bis 2015.

Für das Energiekonzept müssen zahlreiche Gesetze geändert beziehungsweise verabschiedet werden. Unter anderem sollen in einer Novelle des Atomgesetzes die Sicherheitsanforderungen an die Reaktoren sowie Details zur Entsorgung des radioaktiven Mülls neu geregelt werden. Auch die Brennelementesteuer und der Öko-Energie-Fonds sollen gesetzlich geregelt werden. (dapd)