Frankfurt/Berlin. .
Der Aufschwung schafft Arbeitsplätze, doch viele Jobs sind nur befristet oder Leiharbeitsplätze. Die IG Metall nennt die Entwicklung „alarmierend“. Aus Sicht der Arbeitgeber ist sie „normal“.
Der Aufschwung sorgt für immer mehr Zuversicht bei den Personalchefs: Fast neun von zehn Firmen in Deutschland wollen in den nächsten zwölf Monaten Mitarbeiter einstellen, wie aus einer am Montag veröffentlichten Ifo-Studie hervorgeht. Allerdings werde auch die Tendenz zunehmen, neuen Beschäftigten zunächst nur einen befristeten Arbeitsvertrag anzubieten. Rund ein Viertel der Firmen, die Neueinstellungen planen, geben an, dass dabei Befristungen eine größere Rolle spielen würden als bisher. Nur vier Prozent wollten Zeitverträge zurückfahren.
Neben der Befristung setzen die Arbeitgeber nach Angaben der IG Metall vorrangig auch auf Leiharbeit. Die Industriegewerkschaft wirft den Unternehmen vor, massiv Stammarbeitsplätze durch schlechter bezahlte Leiharbeit zu ersetzen. Der Zweite Vorsitzende der Gewerkschaft, Detlef Wetzel, nannte die Entwicklung „außerordentlich alarmierend“. Leiharbeit werde zunehmend dazu genutzt, eine neue Billiglohnlinie zu etablieren, sagte Wetzel am Montag in Frankfurt am Main. Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall wies die Vorwürfe als unzutreffend zurück.
Die IG Metall stützt sich auf eine Befragung der Betriebsräte in 5.100 Unternehmen. Demnach haben 85 Prozent der Betriebe zusätzlichen Bedarf an Arbeitskräften. Nur 15 Prozent dieser Betriebe jedoch deckten ihren Bedarf durch Einstellung in unbefristete Arbeitsverhältnisse. 43 Prozent setzten auf Leiharbeit, 42 Prozent auf befristete Arbeitsverträge. „85 Prozent der Arbeitgeber setzen auf prekäre Beschäftigung“, kritisierte Wetzel.
IG Metall warnt Tarifpartner
Bereits jetzt würden in 23 Prozent der Betriebe mindestens zehn und bis zu 50 Prozent Leiharbeiter eingesetzt, gemessen an der Gesamtbelegschaft. Nur noch 34 Prozent der Firmen im Metallbereich kämen ohne Leiharbeit aus. Die Leiharbeit bedrohe Hunderttausende Normalarbeitsplätze.
Wetzel forderte die Politik zum Handeln auf und drohte zugleich mit verschärften Tarifauseinandersetzungen. Die vorgesehene Novelle des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes müsse die gleiche Bezahlung für Leiharbeiter wie für Festangestellte vorschreiben. Wer Leiharbeit nicht auf Auftragsspitzen begrenze, sondern zum Lohndumping einsetze, kündige den sozialen Konsens auf und gefährde das bewährte System flexibler Tarifverträge, sagte der Gewerkschafter. „Massenhafte Leiharbeit und flexible Tarifverträge, beides zugleich ist mit der IG Metall nicht zu machen“, sagte Wetzel.
Arbeitgeber bezeichnen Entwicklung als normal
Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall betonte, es sei normal, dass die Unternehmen bei einer wirtschaftlichen Erholung zunächst auf Zeitarbeit und andere flexible Beschäftigungsformen setzten. „Die Erfahrung der Vergangenheit zeigt aber, dass bei einem stabilen Aufschwung anschließend die Zahl der Stammarbeitsplätze ebenfalls wächst und den Zuwachs der Zeitarbeit deutlich übersteigt“, erklärte der Verband in Berlin. Die Arbeitgeber wandten sich zudem gegen die Forderung nach gleicher Bezahlung. Zeitarbeit habe vielen An- und Ungelernten einen Arbeitsplatz verschafft, die sonst kaum eine Chance auf dem Arbeitsmarkt hätten, erklärte Gesamtmetall. (rtr/dapd)