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Lkw-Fahrer gefährden zunehmend die Verkehrssicherheit auf Deutschlands Autobahnen und Fernstraßen. Viele halten die vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten sowie Verkehrsregeln nicht ein. Bei Kontrollen fallen 40 Prozent auf.

Fehlende Ausbildung, ein harter Wettbewerb und ein zunehmender Termindruck der Fahrer schwerer Lkw bedrohen zunehmend die Verkehrssicherheit auf Autobahnen und Fernstraßen. Viele „Kapitäne der Landstraße“ halten vorgeschriebene Lenk- und Ruhezeiten sowie Verkehrsregeln nicht ein. Im Schnitt haben 40 Prozent der Lkw-Fahrer, die in Verkehrskontrollen geraten, gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen. Bei Fahrern deutscher Herkunft sind es sogar 54 Prozent. Jeder vierte missachtet die verpflichtenden Fahr-Pausen.

Das geht aus einem Report des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG) über die Arbeitsbedingungen hervor, der der WAZ-Mediengruppe vorliegt. „Der permanent hohe Zeit- und Termindruck versetzt die Fahrer in eine dauerhafte Stresssituation“, heißt es darin. Mit dramatischen Folgen: 2008 wurde nach Angaben des Landesinnenministeriums in NRW mit 91 Toten bei insgesamt 18 717 Lkw-verursachten Unfällen ein trauriger Höhepunkt erreicht. Erst die Wirtschaftskrise entschärfte 2009 (17 000 Unfälle, 78 Tote) diese Entwicklung. Unfälle, so das Innenministerium, liefen oft gleich ab: „Lkw rasen ungebremst in Stauende, die Fahrzeuge werden ineinander geschoben“. Für viele gebe es hier „kaum Überlebenschancen“.

Erhebliche Belastungen für die Fahrer

Der Bericht des Bundesamtes räumt mit jeder Fernfahrer-Romantik auf: „Die Kontrollergebnisse deuten darauf hin, dass die Arbeitsabläufe zu einer erheblichen psychischen wie physischen Belastung für die Fahrer werden“. Daraus entstehende Verstöße gegen die Sozialvorschriften und die Verkehrssicherheitsregeln seien „häufig die Ursache für schwere Verkehrsunfälle“ und für „aggressives und konfrontatives Handeln“ gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern. Neuerdings verschärfend wirke, dass belieferte Unternehmen oft nur enge Zeitfenster für die Entladung vorgeben. „Dadurch steigt der Druck auf die Fahrer, das jeweilige Firmengelände pünktlich zu erreichen“, stellt die Behörde fest - trotz immer dichteren Verkehrs und der höheren Zahl von Staus.

Das Bundesamt listet zudem auf, dass nur wenige Lkw-Fahrer eine dreijährige Ausbildung als Berufskraftfahrer vorweisen können. 12 Prozent der Fahrer hätten überhaupt keine Berufsausbildung. Bei vielen der 52 000 Speditionsunternehmen in Deutschland werde „der Führerschein als einziger Qualifizierungsnachweis verlangt“.

Noch in dieser Woche will das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entscheiden, ob die deutliche Ausweitung der Überholverbote für Lkw auf den Autobahnen rechtmäßig sind. Ein Spediteur aus Bayern hat dagegen geklagt. In Nordrhein-Westfalen bestehen inzwischen auf 1000 der insgesamt 1200 Autobahnkilometern mit zweispurigen Fahrbahnen ein Überholverbot, besonders intensiv auf der A 43 Wuppertal-Münster und der A 1 zwischen Kamener Kreuz und Lotte/Osnabrück.