Berlin. .

Nach der tödlichen Rottweiler-Attacke auf ein Kind in Sachsen-Anhalt ist die Öffentlichkeit erneut schockiert. Tierschützer fordern jetzt einen bundesweiten Hundeführerschein. Jeder Hund könne zu einer Gefahr für den Menschen werden.

Die Mutter des dreijährigen Dustin zeigt sich ratlos, nachdem der Rottweiler der Familie das Kind totgebissen hat: „Wir verstehen das alle nicht, warum er das getan hat. Die sind beide zusammen aufgewachsen“, sagte sie vor einer Kamera des Senders n-tv. Wie immer nach tödlichen Hundeattacken ist die Öffentlichkeit schockiert, und es werden Konsequenzen gefordert. Fast immer verstehen Politiker dies als Auftrag, die Vorschriften für potenziell gefährliche Hunderassen zu verschärfen. Beim Thema Hundeführerschein halten sie sich weitgehend zurück; in Thüringen soll er demnächst vorgeschrieben werden.

Die geplante Gesetzesverschärfung ist Reaktion auf die tödliche Attacke von vier Kampfhunden auf ein dreijähriges Mädchen. Die 44-jährige Tante des Kindes hatte die Staffordshire-Bullterrier - eine Hündin mit ihren 18 Monate alten Nachkommen - illegal in Oldisleben im Kyffhäuserkreis gehalten. Die Hunde hatten sich am 21. Mai dieses Jahres auf das Kind gestürzt und auch dessen Urgroßmutter äußerst schwer verletzt.

Kampfhunde sollen sterilisiert werden

Anfang Oktober will sich die Landesregierung in Erfurt erneut mit dem Gesetzentwurf befassen, danach kommt es in den Landtag, wie ein Sprecher des Innenministeriums am Montag auf dapd-Anfrage mitteilte. Damit sollen bestimmte Kampfhunde sterilisiert werden, so dass irgendwann keine mehr in Thüringen leben. Die Besitzer anderer Hunde, die nach ihrem Verhalten als gefährlich eingestuft werden, müssen künftig eine Sachkundeprüfung (Hundeführerschein) machen, wenn das Gesetz in Kraft tritt.

Der Rottweiler „Spike“, der den dreijährigen Jungen in Zörnigall (Sachsen-Anhalt) totgebissen hat, gehörte der 76-jährigen Urgroßmutter des Kindes. Das zuständige Ordnungsamt der Verwaltungsgemeinschaft Elbaue-Flämimg hatte sie im März dieses Jahres ermahnt, ihre Hunde beim Verlassen des Grundstücks an die Leine zu legen. Der Rottweiler und eine Boxerhündin waren auf dem Grundstück einer Nachbarin herumgelaufen, die die Polizei eingeschaltet hatte.

Die Behörden schreiten erst nach solchen Vorfällen ein. „Jeder Hund, der falsch gehalten und behandelt wird, kann zu einer Gefahr für den Menschen werden“, warnt die Tierschutzorganisation Peta. Sie fordert, bundesweit einen Hundeführerschein einzuführen. Noch bevor sich Menschen einen Hund ins Haus holten, müsse der sachgemäße Umgang mit den Tieren gelernt werden.

„Für Rottweiler gibt es keine Bschränkungen“

Diese Forderung geht den Politikern bisher zu weit. So bleibt es den Hundebesitzern überlassen, ob sie sich darüber informieren, wie sie die Kontrolle über das Tier erlangen oder behalten können. Das Interesse an diesen Kenntnissen wächst: Hundeerziehung ist ein quotenträchtiges Fernsehthema, und der Trainer Martin Rütter füllt mit seinem Unterricht große Hallen in Deutschland.

In Sachsen-Anhalt gibt es seit dem 1. März 2009 ein Kampfhundegesetz. Es ist das letzte Bundesland, das solche Regelungen erlassen hat. Die vor Jahren erlassene Kampfhundeverordnung hatte das Oberverwaltungsgericht Magdeburg 2002 aufgehoben. Hauptstreit waren wie in anderen Bundesländern auch die Rasse-Listen. Jetzt sind nur vier Rassen aufgeführt, deren Einfuhr verboten ist und für deren Haltung Wesenstest und Hundeführerschein erforderlich sind. Für sogenannte „Vorfalls-Hunde“, die schon einmal gebissen oder gehetzt haben, sind Haftpflichtversicherung, Mikrochip zur Kennzeichnung, Wesenstests sowie Leinen- und Maulkorbpflicht vorgeschrieben. Die Haltung eines solchen gefährlichen Hundes kann verboten werden. Ein Sprecher des Innenministeriums in Magdeburg sagte auf dapd-Anfrage: „Für Rottweiler gibt es überhaupt keine Beschränkungen, nur eine Anmeldepflicht und einen Chip zur Identifizierung und die Pflichtversicherung.“ (dapd)