Berlin. .

Das Bundespräsidialamt räumte ein, den freiwilligen Rückzug von Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin mit eingefädelt zu haben. Man habe die „Rolle der Mediation“ übernommen, so das Präsidialamt.

Das Bundespräsidialamt hat den freiwilligen Rückzug von Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin selbst mit eingefädelt. Man habe die „Rolle der Mediation“ übernommen, räumte das Präsidialamt am Wochenende ein. Nach „Spiegel“-Informationen konnte der missliebige Banker dabei eine um 1000 Euro höhere Pension durchsetzen. Die SPD kritisierte den „Deal“.

„Die Bundesbank hat doch nichts anderes als einen Deal gemacht, um den Bundespräsidenten zu retten und Herrn Sarrazin trotzdem loszuwerden“, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel.

Mit seinem am Donnerstag verkündeten Rückzug hatte Sarrazin Bundespräsident Christian Wulff die heikle Entscheidung über dessen Entlassung erspart. Wulffs Sprecher Olaf Glaeseker betonte aber, „alle inhaltlichen Vereinbarungen“ seien „ausschließlich von den Vertragspartnern getroffen“ worden.

Zuvor hatten die Nachrichtenmagazine „Der Spiegel“ und „Focus“ berichtet, dass sich das Präsidialamt aktiv in den Streit zwischen Sarrazin und der Bundesbank eingeschaltet habe. Das entscheidende Gespräch mit Sarrazin führte laut „Focus“ der Staatssekretär im Bundespräsidialamt, Lothar Hagebölling.

Höhere Pension

Sarrazin erhält den Angaben zufolge nun eine Pension, wie sie ihm eigentlich erst am Ende der regulären Laufzeit seines Vertrags im Jahr 2014 zugestanden hätte. „Er kassiert nun 1.000 Euro mehr im Monat“, wird eine Bundesbank-Führungskraft zitiert. Der 65-Jährige verlässt die Bank Ende September nach nur 17 Monaten. Er erhält dann laut „Focus“ insgesamt eine monatliche Altersversorgung von rund 10.000 Euro, die auch früher erworbene Ansprüche abdeckt, unter anderem als Berliner Finanzsenator.

Sarrazin hatte mit Äußerungen über eine angeblich erbliche Dummheit muslimischer Migranten sowie Gene von Juden bundesweit für Empörung gesorgt. Die Bundesbank hatte daraufhin beim Bundespräsidenten dessen Abberufung beantragt. Dass Wulff zuvor an die Bundesbank appelliert hatte, Schaden von Deutschland abzuwenden, war als Vorfestlegung und Einmischung kritisiert worden. Arbeitsrechtler wiederum hatten gewarnt, dass Sarrazins Thesen eine Kündigung nicht rechtfertigten. Sarrazin hatte Wulff mit einer gerichtlichen Anfechtung gedroht.

SPD-Chef Gabriel bekräftigte, Wulff habe sich „völlig zu Unrecht“ in die Entlassung Sarrazins eingeschaltet. Auch die Linkspartei kritisierte Wulffs Einflussnahme scharf: „Sarrazin wird durch Hetze reich und erhält dafür offenbar sogar noch Amtshilfe aus dem Bundespräsidialamt“, sagte die Vizevorsitzende Katja Kipping. „Die Glaubwürdigkeit des Bundesbankvorstands und des Bundespräsidenten sind durch diesen Vorgang beschädigt.“ Beide hätten sich als erpressbar erwiesen, monierte Kipping.

Linksfraktions-Vize Dietmar Bartsch sprach von einem „Skandal“ und verlangte weitere Auskünfte. Die Öffentlichkeit müsse erfahren, ob „auf Kosten der Steuerzahler ein Deal geschlossen wurde“, der Wulff vor einer unangenehmen Entscheidung bewahre, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie Bundesbankchef Axel Weber vor einem Gesichtsverlust schütze „und der für Thilo Sarrazin ein goldener Handschlag ist“.

Debatte über geplanten Parteiausschluss Sarrazins weiter

In der SPD geht derweil die Debatte über den geplanten Parteiausschluss Sarrazins weiter. Sarrazin, der seit 1973 Sozialdemokrat ist, sieht dafür weiter keinen Grund: „Bisher kenne ich nur Fernsehinterviews von Parteigrößen und keinen Schriftsatz über meine angeblichen Verfehlungen.“ Sein umstrittenes Buch „Deutschland schafft sich ab“, das bislang rund 400.000 Mal verkauft wurde, enthalte „keine parteischädigenden Äußerungen“. Gabriel widersprach dem scharf: Sarrazins Thesen hätten in ihrer pervertierten Form „in Deutschland nach Auschwitz geführt“.

Unterdessen erhielt Sarrazin für seine Äußerungen erneut unerwünschte Zustimmung von der rechtsextremen NPD. Die Berliner Polizei entfernte an der NPD-Bundeszentrale im Stadtteil Köpenick ein Plakat mit seinem Konterfei. Das Plakat trug die Aufschrift: „Sarrazin hat recht.“ Der 65-Jährige erstatte nach Polizeiangaben Anzeige gegen die NPD. (dapd)