Berlin. .
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich für eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke um mindestens zehn Jahre ausgesprochen. Umweltminister Röttgen will den Kraftwerkbetreibern strenge Sicherheitsauflagen machen.
Im Ringen um das Energiekonzept der Bundesregierung zeichnet sich eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke um mindestens zehn Jahre ab. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) plädierte am Sonntag für längere Meilerlaufzeiten im „zweistelligen Bereich“. Aus fachlicher Sicht seien 10 bis 15 Jahre vernünftig, sagte die Kanzlerin, schränkte jedoch ein, dass sie als Regierungschefin auch auf die Sicherheit als „ganz oberstes Prinzip der Kernenergie“ achten müsse. Auch müsse die Frage einer Beteiligung des Bundesrats geklärt sein. Auch FDP-Chef Guido Westerwelle sprach von einem „Korridor zwischen 10 und 15 Jahren“.
Grundlage für die Entscheidung über das künftige Energiekonzept sind vier Szenarien, die von den Ministerien für Wirtschaft und Umwelt am Wochenende ausgewertet wurden. Mehrere Forschungsinstitute hatten in den vergangenen Wochen die Auswirkungen von Laufzeitverlängerungen um 4, 12, 20 und 28 Jahre berechnet. Nach bislang geltendem Recht muss der letzte der 17 deutschen Atommeiler um das Jahr 2022 herum abgeschaltet werden.
Streit zwischen Ressorts Wirtschaft und Umwelt
Einem Bericht des „Handelsblatts“ zufolge haben die Berechnungen zu einem Streit zwischen den Ressorts Wirtschaft und Umwelt geführt. Strittig ist demnach vor allem eine Passage, wonach bei einem frühzeitigen Aus für die Atomenergie in Deutschland der Import von Strom aus ausländischen Kraftwerken stark an Bedeutung gewinnen würde. Dem Bericht zufolge dringt Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) darauf, die Passage vor ihrer Veröffentlichung streichen zu lassen. Das Umweltministerium äußerte sich zu dem Bericht nicht. Das Wirtschaftsministerium sprach von „intensiven Gesprächen in guter Atmosphäre“.
Wie das „Handelsblatt“ und die „Berliner Zeitung“ übereinstimmend berichteten, ergibt sich aus den Berechnungen, dass ein Verzicht auf längere Meilerlaufzeiten weder auf die Strompreise noch auf die Versorgungssicherheit oder den Klimaschutz nennenswerten Einfluss hätte. Andere Medien, darunter die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, die „Stuttgarter Zeitung“ und das Magazin „Focus“ berichteten hingegen, dass die Gutachter zu dem Schluss gekommen seien, dass für Klima und Volkswirtschaft die besten Effekte zu erreichen seien, wenn die Kraftwerke zwischen 12 und 20 Jahre länger als geplant am Netz blieben.
Ähnlich äußerte sich auch Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP). „Die Szenarien haben ergeben, dass der volkswirtschaftliche Nutzen bei einer Laufzeitverlängerung zwischen 12 und 20 Jahren höher ist als bei den Extrem-Varianten mit 4 und 28 Jahren“, sagte der FDP-Politiker und plädierte ebenfalls für eine „klar zweistellige Verlängerung der Laufzeiten“.
Es ist noch nichts entschieden
Im Falle einer Laufzeitverlängerung will Röttgen den Kraftwerksbetreibern offenbar strenge Sicherheitsauflagen machen. Laut „Handelsblatt“ plant Röttgen für den Fall einer Laufzeitverlängerung von vier Jahren Sicherheitsauflagen, die die Betreiber 6,2 Milliarden Euro kosten würden. Bei einer Verlängerung um zwölf Jahre würde sich diese Summe auf 20,3 Milliarden Euro erhöhen, bei 20 Jahren auf 36,2 Milliarden Euro und bei 28 Jahren auf 49,3 Milliarden Euro. Der „Spiegel“ hatte zuvor bereits berichtet, dass alle deutschen Kernkraftwerke baulich gegen Flugzeugabstürze geschützt werden sollen.
Laut Bundesumweltministerium ist noch nichts entschieden. „Zu Fragen der Sicherheitsauflagen und zu den konkreten Einzelmaßnahmen des Energiekonzeptes zum Ausbau der erneuerbaren Energien werden innerhalb der Bundesregierung und mit den Regierungsfraktionen noch ausführliche Gespräche geführt, bevor Entscheidungen fallen“, sagte ein Ministeriumssprecher. Der Kabinettsbeschluss für das Energiekonzept ist für den 28. September angesetzt. (ddp)