Berlin. .
Merkels Energiekonzept liegt noch nicht vor, doch schon formiert sich der Widerstand in den Ländern. Neben NRW unterschrieben acht weitere Bundesländer ein Protestpapier.
Eine Mehrheit der Bundesländer will geplante Laufzeitverlängerungen von Atomkraftwerken im Bundesrat zu Fall bringen. Einige Länder drohen zudem mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. „Wir werden unsere Rechte nötigenfalls auch vor dem Bundesverfassungsgericht durchzusetzen versuchen“, sagte der nordrhein-westfälische Umweltminister Johannes Remmel am Freitag in Berlin. Eine Verlängerung der Laufzeiten am Bundesrat vorbei verstoße gegen das Grundgesetz.
9 der 16 Bundesländer vertreten demnach die Auffassung, dass der Bundesrat einem entsprechenden Gesetz zustimmen müsse und unterzeichneten ein Papier mit zehn Kritikpunkten am Energiekonzept der Bundesregierung. Dazu gehören die sechs SPD-geführten Länder sowie das Saarland, Thüringen und Hamburg.
Drei CDU-regierte Länder ebenfalls dagegen
Das rot-grün regierte Bremen und Rheinland-Pfalz, wo die SPD eine absolute Mehrheit hat, haben sogar notfalls schon eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht angekündigt. Andere Länder wie etwa das rot-rot regierte Berlin oder Nordrhein-Westfalen wollen sich unter Umständen anschließen.
Der nordrhein-westfälische Umweltminister Remmel bekräftigte, die erneuerbaren Energien dürften nicht „auf das Streckbett der Atompolitik“ gelegt werden. „Die Bundesregierung hat die Öffentlichkeit schon lange genug an der Nase herumgeführt“, sagte der Grünen-Politiker. „Die Bundesregierung wird mit ihrem Weg der Laufzeitverlängerung einen Sturm auslösen.“ Er sei „guter Hoffnung“, dass sich auch die schwarz-gelb geführten Länder Schleswig-Holstein und Niedersachsen der Initiative anschließen werden.
Verlängerung „teurer für Wirtschaft und Verbraucher“
Die rheinland-pfälzische Staatsministerin für Umwelt, Margit Conrad, erklärte, die Atomkraft sei eine Investitionsbremse. Eine Verlängerung werde „teurer für Wirtschaft, Industrie und Verbraucher“, sagte die SPD-Politikerin. Denn die Bundesregierung zementiere damit die Marktmacht der Energiekonzerne.
Die saarländische Umweltministerin Simone Peter (Grüne) beklagte, dem Energiekonzept der Bundesregierung fehle es an Ambitionen bei der Energieeffizienz. Die Berliner Senatorin für Gesundheit, Katrin Lompscher, kritisierte, die Atomkraft stelle für die zukünftige Energieversorgung keine Brücke sondern eine Barriere dar. „Es geht um ein Energiekonzept 2050 für Deutschland und nicht für die schwarz-gelbe Bundesregierung“, sagte die Linke-Politikerin.
Bundesregierung berät über Gutachten
Unterdessen will die Bundesregierung das von ihr in Auftrag gegebene Gutachten zu den Auswirkungen einer Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken auf Energieversorgung und Umwelt an diesem Wochenende auswerten. Nach Klärung eventueller Rückfragen werde der Inhalt später auch der Öffentlichkeit präsentiert, sagte Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans in Berlin. Das Gutachten sollte am Freitagnachmittag übergeben werden.
In dem Papier werden die Effekte einer Laufzeitverlängerung von vier, zwölf, 20 und 28 Jahren durchgerechnet. Die schwarz-gelbe Regierung will die Akw-Laufzeiten verlängern, hat sich aber noch nicht auf die Anzahl der Jahre festgelegt. Die vom Energiewirtschaftlichen Institut der Universität Köln (EWI) und weiteren Experten erstellte Analyse soll als Entscheidungsgrundlage dienen. Ende September will die Regierung ihr Energiekonzept vorstellen, das auch die Frage der Laufzeitverlängerung klärt.
Nach einem Pressebericht hält das Gutachten längere Akw-Laufzeiten aus ökonomischer Sicht für verzichtbar. Wie das „Handelsblatt“ am Freitag unter Berufung auf Regierungskreise berichtete, ergibt sich aus den Szenarien, dass ein Verzicht auf eine Verlängerung der Laufzeiten weder nennenswerten Einfluss auf die Strompreise noch auf die Versorgungssicherheit hätte. Ohne Verlängerung der Laufzeiten seien zwar Stromimporte aus dem benachbarten Ausland nötig. Es gebe jedoch keinen zwingenden Grund für eine Verlängerung, berichtete das Blatt. (apn/afp)