Essen/Kairo. Der Zentralrat der Muslime in Deutschland hat die Rede von US-Präsident Obama in Kairo mit Begeisterung aufgenommen. „Endlich ein Präsident, der den richtigen Ton trifft”, sagte Generalsekretär Aiman A. Mazyek der WAZ-Gruppe.

Er hat sich für einen Neuanfang mit dem Islam ausgesprochen: Die am Donnerstag mit Spannung erwartete Rede von US-Präsident Barack Obama in Ägypten stößt auf große Zustimmung beim Zentralrat der Muslime in Deutschland: „Endlich ein Präsident, der den richtigen Ton trifft”, sagte Generalsekretär Aiman A. Mazyek der WAZ-Gruppe. Die Rede "war Balsam für die verletzten Seelen der Muslime", sagte Mazyek auf WAZ-Anfrage.

Mazyek lobte, dass der US-Präsident „die zahlreichen Demütigungen der Muslime anerkannt” habe. „Den Kolonialismus, die Kriege, die geführt wurden, das Gefühl, wie Menschen zweiter Klasse behandelt zu werden, all das hat Obama angesprochen.” Obamas mit Koran-Zitaten gespickte Rede sei eine „Anti-Hass-Predigt” gewesen. Mazyek sagte weiter: „Die USA haben damit moralische Autorität zurückgewonnen. Ab heute müssen die Extremisten wirklich fürchten, dass ihre Ideologie des Hasses am Ende ist. Es war der entscheidende Schlag gegen El Kaida.”

Neubeginn zwischen den Muslimen und den USA

In seiner mit Spannung erwarteten Rede in Kairo hat US-Präsident Barack Obama die Muslime in aller Welt zu einem Neuanfang im gegenseitigen Respekt aufgerufen. «Ich bin hierher gekommen, um mich für einen Neubeginn zwischen den Muslimen und den USA einzusetzen», sagte Obama am Donnerstag vor etwa 3000 geladenen Gästen im Großen Saal der Universität Kairo. Er wolle den «Kreislauf von Misstrauen und Zwietracht» durchbrechen. Die USA und der Islam schlössen sich nicht gegenseitig aus und müssten nicht im Wettbewerb zueinander stehen. Vielmehr hätten sie gemeinsame Grundsätze wie Gerechtigkeit, Toleranz und die Würde jedes einzelnen Menschen.

Der US-Präsident, der selbst muslimische Vorfahren hat, war in der Kairoer Universität mit anhaltendem Applaus empfangen worden. Unter Obamas Vorgänger George W. Bush war das Ansehen der USA in der islamischen Welt durch den Irak-Krieg, den Skandal um das US-Gefängnis Abu Ghraib im Irak sowie durch die Einrichtung des US-Gefangenlagers Guantanamo auf Kuba erheblich gesunken. Obama hatte zu Beginn seiner Amtszeit angekündigt, die Beziehungen der USA zu den 1,5 Milliarden Muslimen weltweit auf eine neue Grundlage stellen zu wollen.

Der US-Präsident hat sich auch für einen eigenständigen Palästinenserstaat stark gemacht. Er unterstütze die «berechtigten» Hoffnungen der Palästinenser auf eine Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten, sagte Obama. Darin liege die «einzige Lösung» für den Konflikt. Der US-Präsident forderte Israel erneut auf, den Auf- und Ausbau jüdischer Siedlungen in den Palästinensergebieten zu stoppen. Zugleich bekräftigte er, die Verbindungen zwischen den USA und Israel seien «unverbrüchlich». Obama rief außerdem dazu auf, dem «gewalttätigen Extremismus in all seinen Formen» entgegenzutreten.

Obama hatte in den vergangenen Wochen bei Treffen mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas wiederholt für eine Zwei-Staaten-Lösung geworben und Israel unmissverständlich zum Siedlungsstopp aufgefordert. Die neue israelische Regierung hat sich bislang nicht klar zu einer Zwei-Staaten-Lösung bekannt und bot bislang nur an, nicht genehmigte jüdische Siedlungen im Westjordanland zu räumen.

Keine Entschuldigung für Bush-Regierung

Die Kairoer Rede von US-Präsident Barack Obama an die Muslime dürfte in der arabischen Welt auf geteiltes Echo stoßen. Diese Einschätzung äußerte die Nahost-Expertin Muriel Asseburg von der Stiftung Wissenschaft und Politik gegenüber der Essener WAZ-Gruppe.

„Obama hat die Gemeinsamkeiten betont und deutlich gemacht, dass er Partnerschaft sucht und nicht Dominanz. Das wird sicher sehr positiv aufgenommen”, sagte Asseburg. „Seine zahlreichen Koran-Zitate könnten aber eine Einladung an Extremisten sein, die Rede zu delegitimieren – nach dem Motto: Wie kann sich ein westlicher Staatsmann herausnehmen, den Koran in seinem Sinne zu zitieren und auszulegen?”

Asseburg sagte weiter, im Nahen Osten hätten viele Menschen eine Entschuldigung für von der Bush-Regierung begangenes Unrecht erwartet sowie die Ankündigung konkreter Maßnahmen für den Friedensprozess und andere Politikfelder. Beides enthalte die Rede nicht.

Bemerkenswert findet die Nahost-Expertin, dass Obama sich in der Rede auch an die palästinensische Hamas gewandt hat: „Es ist überhaupt das erste Mal, dass ein US-Präsident die Hamas direkt anspricht und versucht, sie in die Verantwortung zu nehmen. Bislang hat der Westen die Hamas isoliert. Offenbar hat Obama eine realistischere Sichtweise, nämlich, dass die Hamas ein Akteur ist, an dem man nicht vorbeikommt.”

Diskussion: Die USA und Obama - Revolution im weißen Haus?