Berlin. .
Die Debatte über Burka-Verbote schwelt weiter. Jetzt schaltet sich FDP-Politikerin Silvana Koch-Mehrin mit einer radikalen Botschaft ein: Sie fordert ein Burka-Verbot für ganz Europa. Die Komplett-Verhüllung sei ein massiver Angriff auf die Rechte der Frau, „ein mobiles Gefängnis“.
Für ein europaweites Burka-Verbot plädiert die Vizepräsidentin des europäischen Parlaments, Silvana Koch-Mehrin. „Ich wünsche mir, dass auch in Deutschland - und in ganz Europa - das Tragen aller Formen der Burka verboten wird. Wer Frauen verhüllt, nimmt ihnen das Gesicht und damit ihre Persönlichkeit“, schreibt die FDP-Politikerin in einem Gastbeitrag für die „Bild am Sonntag“. Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach hält Burka-Verbot in Deutschland dagegen für unrealistisch. Am Freitag hatte Belgien als erstes europäisches Land ein Verbot von Ganzkörperschleiern beschlossen.
Die Burka sei ein massiver Angriff auf die Rechte der Frau, „sie ist ein mobiles Gefängnis“, erklärte Koch-Mehrin. „Die vollständige Verhüllung von Frauen ist ein aufdringliches Bekenntnis zu Werten, die wir in Europa nicht teilen.“
Die Vorsitzende der FDP im Europäischen Parlament sieht im Tragen der Burka einen Verstoß gegen die persönliche Freiheit: „Niemand soll in seiner persönlichen Freiheit und in seiner Religionsausübung eingeschränkt werden. Die Freiheit darf aber nicht so weit gehen, dass man Menschen öffentlich das Gesicht nimmt. Jedenfalls nicht in Europa.“
„Das muss der Gesetzgeber nicht regeln“
Für unrealistisch hält ein Burka-Verbot in Deutschland dagegen der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU). „Das ist in Deutschland schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich, so lange keine öffentlichen Interessen dagegen stehen“, sagte er der „Mitteldeutschen Zeitung“. „Ich halte ein Gesetz auch nicht für nötig. Das muss der Gesetzgeber nicht regeln.“
Öffentliche Interessen seien etwa dann berührt, wenn eine Schülerin vollverschleiert in die Schule gehe, eine vollverschleierte Frau als Zeugin vor Gericht auftauche oder Auto fahre. Ansonsten falle das Tragen der Burka unter „freie Entfaltung der Persönlichkeit“, erklärte Bosbach, fügte aber hinzu: „Ich selbst sehe das sehr kritisch.“ Die Burka sei „ein Zeichen der Abgrenzung und des religiösen Fundamentalismus“ - und zwar mehr eines der Männer als der betroffenen Frauen.
Zentralrat der Muslime spricht von „sinnloser Debatte“
Der Generalsekretär des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, lehnt ein Burka-Verbot für Deutschland ab. „Das ist eine völlig sinnlose Debatte“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Sie werde die Kluft zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen noch vergrößern. „Die Burka ist unter den deutschen Muslimen verpönt. Und es gibt kein muslimisches Gebot, sie zu tragen.“ In Deutschland gebe es „allenfalls ein Dutzend Trägerinnen“. Deutschland brauche eine Kultur der Anerkennung, keine Kultur der Verbote. „Hier werden Ängste instrumentalisiert“, sagte Mazyek.
Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Hans-Joachim Jentsch sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ hingegen: „Ich halte so ein Verbot auch in Deutschland für denkbar.“ Und er fügte hinzu: „Wenn Menschen sich verhängen, dann geht das an die Grundlagen unseres Gemeinwesens.“
Zwar könnten sich Gegner des Burka-Verbots auf das Gebot der freien Entfaltung der Persönlichkeit berufen. „Doch auch dieses Recht ist nicht unbegrenzt. Im Übrigen haben wir Artikel 1 des Grundgesetzes, wonach die Würde des Menschen unantastbar sei. Das rechtfertigt es, darüber nachzudenken, ob ein solches Verbot nicht auch bei uns Sinn und Zweck hat.“ (apn)