Düsseldorf/Essen.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert ein Ende des Sparkurses. Nur so könnten die verschuldeten Kommunen vor der Pleite bewahrt werden. NRW-Finanzminister Helmut Linssen (CDU) will den Städten aus der Schuldenfalle helfen.
„Die Schuldenbremse des Bundes ist politische Dummheit”, wettert DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki im Gespräch mit der WAZ. Es sei damit zu rechnen, dass die Länder die kommunalen Finanzen weiter zusammenstrichen, wenn sie keine neuen Kredite mehr aufnehmen dürften. Matecki: „Im Moment gibt es nur die Rasiermessermethode: Sparen ohne Kompromisse. Dabei bewirkt ein Euro, der investiert wird, mehr als ein gesparter Euro.”
NRW-Finanzminister Helmut Linssen (CDU) hat unterdessen den am höchsten verschuldeten NRW-Städten zwei Wochen vor der Landtagstagswahl erstmals konkrete Finanzhilfe zugesagt. Das Land werde 2011 einen „dreistelligen Millionenbetrag” zur Verfügung stellen, versprach Linssen.
Jede zweite Kommune in NRW ist hoch verschuldet, viele arbeiten mit einem Nothaushalt. Nun will NRW-Finanzminister Helmut Linssen (CDU) den Städten ein Stück weit aus der Schuldenfalle helfen. Bisher hatte der Minister Landeshilfe stets von einer Beteiligung des Bundes abhängig gemacht - und damit auf die lange Bank geschoben.
Zinshilfen in Aussicht gestellt
Die Zeiten des „Wenn der, dann der” seien vorbei, erklärte Linssen. Wie viel Geld das Land konkret locker machen will, wollte er nicht sagen. Auch die Form der Hilfe muss noch mit dem Aktionsbündnis „Raus aus den Schulden” verhandelt werden, in dem sich die 20 ärmsten Städte aus Ruhrgebiet und Bergischem Land sowie vier Landkreise zusammengeschlossen haben.
Linssen favorisiert „Zinshilfen” für die Städte, also mit Landesgeld die Finanzierung der Schuldenlast preiswerter zu machen. Das Aktionsbündnis fordert einen „Entschuldungsfonds”, konkret jährlich 800 Millionen Euro zum Abbau von Schulden in Form von Kassenkrediten. Das sind nicht durch Werte gedeckte Kredite per Kontoüberziehung, auch „Dispo” genannt. Auf diese Weise haben sich die NRW-Städte insgesamt mit 17,5 Milliarden Euro verschuldet, wovon allein 14 Milliarden Euro auf die Aktionsbündniskommunen entfallen.
Auch interessant
Bislang waren Vertreter der Bündnis-Städte und der NRW-Finanzminister auf Konfrontationskurs. Nach einem Treffen am Freitag überzogen sich beide Seiten mit Lob. Linssen (CDU) nannte das Einlenken der Landesregierung „einen Erfolg, den das Bündnis für sich verbuchen kann”. Bündnis-Sprecherin Dagmar Mühlenfeld (SPD), Oberbürgermeisterin von Mülheim, sprach von einem „guten Ergebnis” mit einem Minister, „dem wir vertrauen”.
DGB legt eigene Vorschläge zur Entschuldung der Städte vor
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) schlägt indes ein Maßnahmenpaket zur Entschuldung der Städte vor. Dazu gehören höhere Spitzensteuersätze, eine Altschuldenhilfe durch Bund und Länder, eine moderate Neuverschuldung und eine Börsenumsatz-, besser noch Finanztransaktionssteuer. „Unsere Nachbarn in Frankreich, Großbritannien und Irland kümmern sich eher darum, die Verursacher der Finanzkrise, also die Akteure an den Finanzmärkten, zu besteuern, um öffentliche Kassen zu entlasten”, sagte DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki der WAZ. Eine solche Steuer müsse ja nicht die kleinen Privatanleger belasten. Eine Transaktionssteuer könnte jedes Jahr bis zu zwölf Milliarden Euro in die öffentlichen Kassen spülen.
Heute schon belaufe sich der Investitionsstau der Kommunen auf 70 Milliarden Euro, stellt der DGB fest. Aus eigener Kraft seien die Städte nicht in der Lage, die Probleme zu meistern. Schon vor der Finanzkrise hätten die Kommunen massiv bei Investitionen und Personalkosten sparen müssen. Nun laufe die Situation vielerorts vollends aus dem Ruder. Die Steuerausfälle durch die Finanzkrise seien schon schlimm genug, das Minus betrage über sieben Milliarden Euro. „Wenn sich die FDP nun aber noch mit ihren Steuersenkungs-Plänen, dem Fünf-Stufen-Tarif, durchsetzen würde, dann würden den Kommunen weitere 2,4 Milliarden Euro Einnahmen entgehen”, glaubt Matecki.