Berlin. .
Die Bundeswehr hat den Ablauf der Kampfhandlungen am Karfreitag aus ihrer Sicht geschildert. Das Gefecht mit den Taliban dauerte zehn Stunden. Die Deutschen wurden auf der Suche nach Sprengladungen angegriffen. Auch die Tötung von sechs afghanischen Soldaten durch die Bundeswehr wird erläutert.
Rund zehn Stunden hat das Gefecht gedauert, das sich die Bundeswehr am Karfreitag mit den Taliban im Norden Afghanistans lieferte. Es starben dabei drei Deutsche, acht weitere wurden verletzt. Beim Nachrücken der Kräfte wurden zudem sechs afghanische Soldaten irrtümlich getötet. Ein Sprecher des Einsatzführungsführungskommandos der Bundeswehr in Potsdam schilderte den Ablauf am Sonntag wie folgt:
Am Morgen rücken 40 bis 50 Soldaten der Luftlandebrigade 31 aus dem Bundeswehr-Feldlager in Kundus zu einer routinemäßigen Patrouille aus. Im Unruhedistrikt Schahar Dara nahe des Kundus-Flusses sechs Kilometer südwestlich der Stadt Kundus wollen sie unter anderem eine oft von der Bundeswehr genutzte Straße nach versteckten Sprengladungen absuchen - das können Bomben, aber auch Minen sein. Dafür müssen sie teilweise aus ihren gepanzerten Fahrzeugen aussteigen.
Gut getarnte Stellungen
Beim Absuchen der Straße werden die Soldaten gegen 13.00 Uhr (10. 30 Uhr MESZ) von zahlreichen radikal-islamischen Taliban mit Handfeuerwaffen und Panzerabwehrwaffen beschossen. Die Angreifer haben sich in gut getarnten Stellungen verschanzt; ob es sich auch um Wohnhäuser handelt, ist zunächst unklar. Die Bundeswehr spricht von einer „hohen Angreiferzahl“, genaue Zahlen nennt das Einsatzführungskommando nicht. Laut Medienberichten sollen es 100 bis 200 Aufständische sein. Sie stammen aus dem Ort Isa Chel.
Die Deutschen schießen zurück und versuchen auszuweichen. Sie fordern aus dem Bundeswehrstützpunkt Kundus Verstärkung an. Eine Stunde später fährt ein Bundeswehr-Dingo auf eine Sprengfalle. Die drei deutschen Soldaten sterben durch unterschiedlichen Kampfhandlungen, durch Beschuss und durch die explodierte Sprengfalle. Sie kommen aus dem niedersächsischen Seedorf und waren beim Fallschirmjägerbatallion 373. Mit US-Hubschraubern werden die Verletzten nach Kundus und Masar-i-Scharif abtransportiert. Vier Deutsche sind schwer verletzt, vier leicht.
Deutsche hätten weder Warnzeichen noch Schüsse abgegeben
Während der Kampfhandlungen werden ISAF-Flugzeuge als Unterstützung angefordert. Ihre Tiefflüge dienen der Abschreckung (“Show of Force“). Um 19.21 Uhr (16.51 Uhr MESZ) verlassen weitere Bundeswehr-Soldaten das Feldlager in Kundus als Verstärkung. Auf dem Weg nach Schahar Dara fahren zwei zivile Fahrzeuge auf die Deutschen zu und halten laut Bundeswehr trotz „durchgeführter Sicherheits- und Identifizierungsverfahren“ nicht an - das sind üblicherweise Warnschüsse oder Leuchtsignale. Der Gouverneur der Provinz Kundus, Mohammed Omar, sagt „Spiegel Online“, die Deutschen hätten weder Warnzeichen noch Schüsse abgegeben. Die Fahrzeuge, zwei Ford Ranger, seien mit auf der Ladefläche befestigten Waffen leicht als Armeeautos zu erkennen gewesen.
Daraufhin eröffnet laut Bundeswehr ein Schützenpanzer vom Typ Marder das Feuer auf eines der Fahrzeuge. Wie sich später herausstellt, handelt es sich bei den zivilen Autos um Fahrzeuge der afghanischen Armee. Sechs afghanische Soldaten werden getötet.
Die Gefechte in Schahar Dara dauern bis 23.36 Uhr (21.06 Uhr MESZ), also rund zehn Stunden. Deutsche Soldaten sind auch am Sonntag weiter in dem Einsatzgebiet. (afp)