Essen/Hannover. .
Waffenhandel, Drogengeschäfte, Schutzgelderpressungen: Der Name „Hells Angels“ steht immer wieder im Ruch krimineller Machenschaften. Doch die Rockergruppe hat auch einen Handel mit Alkoholika aufgezogen. Und drängt nun verstärkt nach NRW. Alles legal?
Die Eigenwerbung klingt matrialisch: „Hinter diesem Label steht die lange Tradition einer wilden und individuellen Lebensart, etwas, das in der heutigen Zeit immer seltener wird“, heißt es auf der Homepage von „Original 81“. Die Ziffern „symbolisieren den 8. und 1. Buchstaben des Alphabets“ - und die stehen für die „Hells Angels“ - „der älteste u. größte Motorradclub der Welt.“ Im Angebot sind: Bier, Zigaretten und ‘harte’ Spirituosen wie Whiskey und Wodka.
Indirekte Unterstützung illegaler Geschäfte
Für den Bund der Kriminalbeamten Deutschlands ist „Original 81“ allerdings nicht irgendeine Tabak- und Getränkemarke. Der BdK sieht das Label im Zwielicht illegaler Umtriebe - und jeden unbedarften Kunden, der im Handel zu den Produkten greift, gleich mit.
Wer sich auf legale Geschäfte mit den „Höllenengeln“ einlasse, müsse davon ausgehen, dass er indirekt auch illegale Aktivitäten der Rocker unterstütze, sagt der BdK-Bundesvorsitzende Bernd Carstensen in einem Medienbericht. Und ein Sprecher des Landeskriminalamts Niedersachsen erklärt auf Anfrage von DerWesten: „Es ist schon befremdend, wenn einerseits von den Mitgliedern (der Hells Angels; die Red.) schwerste Straftaten bis hin zu Tötungsdelikten begangen werden und andererseits mit dem Label ‘Original 81’ Geld mit dem Verkauf von Getränken erwirtschaftet wird.“
Dass die Getränke-Unternehmung den Hells Angels direkt zuzuordnen ist, steht dabei nach Polizei-Erkenntnissen nicht in Frage, erklärt der LKA-Sprecher: Der Geschäftsführer des Getränke-Vertriebs mit Sitz in Garbsen „ist ein Mitglieds der Hells Angels“.
„Wir wachsen stetig“, teilt eine Mitarbeitern des Original 81-Vertriebs in Garbsen bei Hannover auf telefonische Nachfrage mit. Auch in NRW sollten die Produkte des Labels in naher Zukunft vermehrt zu finden sein. Auf einer Fachmesse in Dortmund hätte es dazu jüngst vielversprechende Signale gegeben: „Die Nachfrage ist da“.
Laut Händlerübersicht auf der Homepage gibt es derzeit knapp 200 Geschäfte, die das Label führen. Die meisten Vertriebsstellen sind derzeit in Norddeutschland, nur wenige in NRW. Darunter sind zwei Tankstellen in Bielefeld und Paderborn und zwei Getränke-Großhändler in Delbrück und Bad Salzuflen. Vier Tabakwarengroßhändler in Köln, Duisburg, Rheine und Mönchengladbach haben das Label mindestens gelistet. Zudem kann man in drei Gastronomie-Betrieben, ein Rock-Café in Bielefeld, ein Nachtclub in Detmold und ein FKK-Club im ost-westfälischen Vlotho, auch an Hells Angels-Prosecco nippen.
„Real“ nimmt Produkte aus dem Regal
Vor wenigen Wochen schien sogar der Einstieg in die Supermarkt-Regale gelungen. Doch die Verbindung zur Rockerszene wurde der Warenhauskette „Real“ vor wenigen Tagen zu heiß: „Unter der Marke „Original 81“ führten wir bis zum vergangenen Freitag in vier norddeutschen Filialen (Laatzen, Hemmingen, Langenhagen und Isernhagen) bis zu vier verschiedene Artikel“, teilte Unternehmenssprecher Markus Jablonski mit. Nach Hinweisen seien die Produkte „noch am selben Tag aus dem Verkauf genommen“ worden. Erst Anfang Februar sei das Label „nach mehreren Kundenwünschen“ ins Sortiment gekommen. In anderen der insgesamt 330 Filialen bundesweit habe man „Original 81“ nicht vertrieben.
Aufgeschreckt von Medienberichten will auch der Frechener Convenience-Großhändler „Lekkerland“ die Produkte aus dem Hells Angels-Umfeld nicht in den Vertrieb nehmen, erklärt Sprecherin Janine Hoffe. Mit bundesweit insgesamt 62.600 Verkaufsstellen wie Kiosken, Tankstellen und Kaufhäusern wäre Lekkerland ein einflussreicher Vertriebspartner. Dass auch „Original 81“-Produkte auf der jüngsten „Lekkerland Hausmesse“ vor wenigen Tagen in Dortmund präsentiert worden seien - wie man beim Original 81-Vertrieb behauptet - , mag Hoffe zwar nicht ausschließen; einen eigenen Stand der Firma „gab es aber nicht“, betont die Sprecherin.
Die Polizei sieht das Geschäftstreiben nach wie vor mit Bauchschmerzen: Mit der Belieferung von Supermärkten sei dem Label „der Schritt aus der Schattenwirtschaft“ gelungen, sagt etwa BdK-Bundesvorstand Bernd Carstensen. Gleichwohl heißt es im niedersächsischen Landeskriminalamt: „Gegen die Vermarktungsstrategie der Hells Angels ist leider rechtlich nichts einzuwenden“.
Hells Angels-Firmengeflecht in Hannover
Dass eine Gruppierung aus dem kriminellen Milieu sich an legalen Geschäften versucht, ist jedoch nicht ungewöhnlich - der Verdacht, dass das Hauptinteresse eher in Richtung „Geldwäsche“ zu suchen ist, wäre zumindest gegeben, heißt es beim BdK. Vor allem Kleinbetriebe wie Pizzerien, China-Restaurants oder Spielhallen seien beliebte Methoden, Schwarzgeld zu legalisieren. Dabei komme den Kriminellen auch das Manko mangelnder staatlicher Kontrollen zugute: „Kleinbetriebe werden in NRW statistisch nur alle 47 Jahre von den Finanzbehörden überprüft“. Der BdK plädiert deshalb für eine „Finanzkontrolle Geldwäsche“, ähnlich den Aktivitäten bei Schwarzarbeit.
Nach Recherchen des in Bremen erscheinenden Weser-Kuriers haben die Hells Angels in der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover mittlerweile ein „Firmengeflecht“ aufgebaut. „Original 81“ sei da nur eines von mehreren Unternehmen, zu denen auch eine „Immobilien-Verwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft“ gehörten. Weitere, bundesweit zu findenden Wirtschaftsaktivitäten sind nach Polizei-Informationen vor allem im Bewachungsgewerbe zu finden.
In Umgang mit Schwarzgeld jedenfalls sind Handelsunternehmen jedenfalls generell „ein ideales Geschäftsfeld, um schwarze Gelder in den legalen Wirtschaftskreislauf zu bringen“, sagt Sebastian Fiedler, Wirtschaftskriminalist und Mitglied im NRW-Vorstand des BdK. „Je größer und unübersichtlicher eine Buchführung in Teilen ist, desto mehr Bargeld lässt sich dort unterbringen“. Bargeld, das zum Beispiel aus kriminellen Geschäften, etwa Waffenhandel oder Drogengeschäften stammt.