Berlin. .

Nach der Ermordung eines SEK-Beamten durch ein Mitglied der „Hells Angels“ haben Polizeigewerkschaften ein Verbot von Rockerbanden gefordert. Der niedersächsische Kriminologe Christian Pfeiffer warnte zudem davor, dass sich Rocker und Neonazis verbünden.

Der Ruf nach einem schärferen Vorgehen gegen Rockerbanden wird lauter. Nach der Ermordung eines SEK-Beamten durch ein Mitglied der „Hells Angels“ hat der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, am Donnerstag ein Verbot der Motorradclubs gefordert. Der Bund der Kriminalbeamten unterstützt diesen Vorschlag. Der rheinland-pfälzische Innenminister Karl-Peter Bruch (SPD) hat eine Initiative bei der Innenministerkonferenz angekündigt.

„Nach unserer Einschätzung kann man diese Organisationen über das Vereinsrecht verbieten“, sagte Bernd Carstensen, Sprecher des Bundes Deutscher Kriminalbeamten (BDK) am Donnerstag. Ein Verein könne verboten werden, wenn seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderliefen. „Dann ist es auch möglich, das Vereinsvermögen, also Geld und eventuell sogar Motorräder, zu beschlagnahmen“, sagte Carstensen. Die Länderinnenminister müssten die Verbote erlassen.

Polizei hat zu wenig Personal für koordinierte Ermittlungen

Carstensen räumte ein, dass ein Ausweichen der Rocker in andere Vereinsstrukturen möglich sei. „Aber mit ihrem Vermögen würde man ihnen eine entscheidende Handlungsgrundlage nehmen“, sagte der BDK-Sprecher. Außerdem könnten auch neue, von Rockern dominierte Vereine wieder verboten werden. Beides sollten die Innenminister bei ihren Entscheidungen berücksichtigen.

„Was hier geschieht in Deutschland, was die „Hells Angels“, die „Bandidos“, die „Outlaws“ sich erlauben, das ist unglaublich“, erklärte Konrad Freiberg, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) am Donnerstag im Radiosender SWR3. Notwendig seien koordinierte Ermittlungen, um nachweisen zu können, dass die Rockergruppen über eine zentrale Steuerung verfügten: „Die Polizei kann das, aber uns fehlt das Personal.“

Der Leiter des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, Christian Pfeiffer, sagte im Deutschlandradio Kultur, es habe in der Vergangenheit bereits Treffen zwischen Neonazis und Rockern auf regionaler Ebene gegeben. Es bestehe die Gefahr, dass Rechtsextremisten die Rocker bei gewalttätigen Aktionen wie Söldner einsetzten. Durch das Bündnis mit kampferprobten „Hells Angels“ könnten die Neonazis deutlich gefährlicher werden.

Thema für die Innenminister der Länder

Bei einer Polizeirazzia im Rotlichtmilieu im Westerwald hatte ein „Hells Angel“ am Mittwoch einen rheinland-pfälzischen SEK-Beamten erschossen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Koblenz ergab die Obduktion, dass die tödliche Kugel den Beamten seitlich traf. Das Geschoss habe den linken Oberarm durchschlagen, sei dann durch die Achselhöhle in den Brustkorb des Beamten eingedrungen und habe beide Lungenflügel und das Herz durchbohrt.

Wie der Leitende Oberstaatsanwalt Horst Hund mitteilte, handelte es sich bei der mutmaßlichen Tatwaffe um eine Pistole des US-Herstellers Les Baer. Der 43-jährige Tatverdächtige habe die Waffe vom Kaliber 45 ACP legal besessen. Der „Hells Angel“ sei Sportschütze und habe seit Mai 2003 über eine waffenrechtliche Erlaubnis des Landkreises Neuwied verfügt.

Wie der rheinland-pfälzische Innenminister Karl-Peter Bruch im SWR erklärte, gibt es im Kreis der Innenminister bereits seit längerem Überlegungen, wie die Rockerbanden verboten werden könnten: „Das Thema beschäftigt uns nicht erst seit gestern“, sagte der SPD-Politiker. Die von den Rockern ausgehende Gefahr sei nicht zu unterschätzen. Im vergangenen Jahr war in Rheinland-Pfalz bereits ein Mitglied der „Outlaws“ von „Hells Angels“ ermordet worden. Deshalb werde er gemeinsam mit seinen Kollegen aus anderen Bundesländern über ein Verbot solcher Banden nachdenken, hieß es weiter. Erste Überlegungen dazu gebe es schon. In Rheinland-Pfalz sind nach den Worten Bruchs zurzeit 300 Rocker bekannt. Sie würden von der Polizei überwacht. (apn/ddp)