Moskau. .

Der tschetschenische Rebellen-Chef Umarow bekennt sich zu den Moskauer U-Bahnanschlägen. Umarow hatte bereits im Februar gedroht, die Gewalt im Nordkaukasus auf ganz Russland auszuweiten. „Der Krieg kommt in ihre Städte“, prophezeite er auf einer Internetseite.

Das sogenannte Kaukasus-Emirat hat sich zu den Anschlägen auf die Moskauer U-Bahn bekannt. Dies meldete das auf die Überwachung islamistischer Webseiten spezialisierte US-Unternehmen SITE am Mittwoch. In dem Video spricht Rebellenchef Doku Umarow auch über seine vorherigen Drohungen, den Krieg in die russischen Städte zu bringen. Umarow hatte im Oktober 2007 in der Konfliktregion im Südwesten Russlands das „Kaukasus-Emirat“ ausgerufen und sich selbst zu dessen Emir ernannt.

Das „Kaukasus-Emirat“ wird für zahlreiche Anschläge im ganzen Land verantwortlich gemacht. Die Gruppe bekannte sich unter anderem zu dem Anschlag auf den „Newski-Express“ Ende November. Der Schnellzug war auf dem Weg von Moskau nach St. Petersburg durch eine Explosion entgleist, 28 Menschen kamen ums Leben.

Doku Umarow scheint seine blutigen Pläne verwirklicht zu haben: Im Februar drohte der tschetschenische Rebellenchef, die Gewalt im Nordkaukasus auf ganz Russland ausweiten zu wollen. „Der Krieg kommt in ihre Städte“, prophezeite er auf einer radikalislamischen Internetseite. Am Montag wurden bei zwei Selbstmordanschlägen auf die Moskauer U-Bahn 39 Menschen getötet. Die Hintermänner werden im nördlichen Kaukasus vermutet.

Gewalt seit Monaten an der Tagesordnung

Während die U-Bahn-Anschläge in der russischen Hauptstadt für Chaos und Entsetzen sorgten, sind Gewalttaten gegen die Moskau-treuen Behörden und Sicherheitskräfte in den mehrheitlich muslimischen Gebieten im Nordkaukasus schon seit Monaten an der Tagesordnung. Nur zwei Tage nach den Moskauer Anschlägen wurden am Mittwoch bei einem Doppelanschlag in Kisljar in der Teilrepublik Dagestan zwölf Menschen getötet, darunter viele Polizisten.

Der russische Regierungschef Wladimir Putin deutete schon nach wenigen Stunden einen Zusammenhang zwischen den Anschlägen in Moskau und Dagestan an. „Ich schließe nicht aus, dass hier die gleichen Banditen am Werk waren“, sagte er bei einer Kabinettssitzung, die im russischen Fernsehen übertragen wurde.

Kampf um Unabhängigkeit von Moskau

In Tschetschenien und den Nachbarrepubliken Dagestan und Inguschetien kämpfen seit Jahren Aufständische für die Unabhängigkeit von Moskau. Seinen Anfang nahm der Konflikt Anfang der 1990er Jahre mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion in Tschetschenien, wo Russland zwei Kriege gegen die Aufständischen führte.

Der bärtige Umarow, der in beiden Tschetschenien-Kriegen kämpfte, ist seit 2006 der Anführer der tschetschenischen Rebellen. Aus den einstigen Separatisten wurden unter seiner Führung radikalislamische Rebellen, die mittlerweile im gesamten Nordkaukasus einen Heiligen Krieg gegen die Russen führen. Aus einer „ethnischen Separatistengruppe“ sei ganz klar eine religiöse geworden, sagt Achmed Jarlykapow, der am Institut für Ethnologie und Anthropologie der Russischen Akademie der Wissenschaften arbeitet und selbst aus Dagestan stammt. „Heute gibt es im Nordkaukasus nur religiöse Kämpfer.“

Selbst zum Emir ernannt

Im Oktober 2007 rief Umarow in der Konfliktregion im Südwesten Russlands das „Kaukasus-Emirat“ aus und ernannt sich selbst zu dessen Emir. Mit der gleichnamigen Gruppierung kämpft er für die Errichtung eines islamischen Staats in der Region, in dem auch das islamische Recht, die Scharia gelten soll.

Das „Kaukasus-Emirat“ wird für zahlreiche Anschläge im ganzen Land verantwortlich gemacht. Die Gruppe bekannte sich unter anderem zu dem Anschlag auf den „Newski-Express“ Ende November. Der Schnellzug war auf dem Weg von Moskau nach St. Petersburg durch eine Explosion entgleist, 28 Menschen kamen ums Leben. Auch für den Doppelanschlag auf die Moskauer U-Bahn machte der Geheimdienst FSB Rebellen aus dem Nordkaukasus verantwortlich.

Und neue Attentäter stehen offenbar Schlange: Auf islamistischen Internetseiten aus dem Nordkaukasus sind Videos künftiger Selbstmordattentäter zu sehen - vor fünf Jahren wäre das in der Region noch undenkbar gewesen, meinen Experten. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit, der Korruption und der herrschenden Clan-Strukturen wenden sich vor allem junge Leute frustriert dem Islam zu. In Nasran, der größten Stadt in Inguschetien, gehen immer mehr Studenten in die Moscheen, und viele junge Frauen tragen lange Röcke und Kopftücher.

Für sie sei die Scharia „eine einfache, schnelle Lösung“, sagt Jarlykapow. Für die Rebellen sei die Islamisierung zugleich die einzige Möglichkeit, „ihren Kampf auf andere Gebiete auszuweiten“, sagt der örtliche Leiter der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial, Timur Akijew. Die Forderung nach einem unabhängigen Tschetschenien sei dazu nicht geeignet gewesen. „Sie brauchten eine verbindende Ideologie“, sagt Akijew. „Und das konnte nur der Islam sein.“ (afp)