Moskau.
Ein neues Attentat erschüttert Russland. Zwei Frauen jagen sich in der Metro in die Luft und reißen mindestens 38 Menschen mit in den Tod. Der Anschlag weckt böse Erinnerungen und schürt die Angst - auch wenn Putin verspricht: „Die Terroristen werden vernichtet.“
Der Tod muss gegen sieben Uhr früh eingestiegen sein. Um diese Zeit beginnt in Moskau der heftigste Berufsverkehr Europas. Hunderttausende hasten dann aus Autobussen und Trambahnen in die U-Bahn. Die vier Frauen, die sich von der Menge in die Metro-Station Jugo-Sapadnaja am Südwestrand Moskaus schieben ließen, fielen nicht auf. Nur zwei der vier Frauen, die die Überwachungskameras in der Station fixiert haben, stiegen in den wartenden Waggon der roten Metro-Linie. Beide fuhren los, um sich in die Luft zu jagen, vermuten die Ermittler. Nach den beiden anderen Frauen wird gefahndet.
Zehn Stationen weiter, um 7.57 Uhr, explodierte in einem haltenden Waggon in der Station Lubjanka ein Sprengsatz, gemischt mit Schrot aus Stahlsplittern und Schrauben. Die Explosion war für viele Passagiere tödlich. Qualm verdunkelte die Station, Menschen mit zerfetztem oder verbranntem Gesicht stolperten umher oder wälzten sich am Boden. Viele Verletzte sollen in kritischem Zustand sein.
Fahndung nach zwei Frauen
Um 8.40 Uhr explodierte eine zweite Höllenmaschine in einem Waggon in der Station Park Kultury, auch hier gab es Tote und Schwerverletzte. Nach Angaben der Behörden wurden beide Explosionen von Selbstmordattentäterinnen ausgelöst. Dazu eine Sprengladung, die nicht explodiert sei.
Nach der zweiten Explosion wurde der U-Bahn-Verkehr auf der roten Linie eingestellt. In der Station Park Kultury brach fast eine Panik aus, weil fünf der sechs Ausgangstüren zugesperrt waren. Auf dem Metro-Bahnhof Komsomolskaja gerieten Tausende Menschen in ein lebensgefährliches Gedränge.
Metro ist berüchtigt
Dort war nur ein Ausgang geöffnet, berichteten Augenzeugen. Im Internet ging das Gerücht von einer dritten Explosion an der Metrostation Prospekt Mira um. Es blieb ein Gerücht.
Vor den Rolltreppen anderer Metro-Stationen kontrollierten Milizionäre Gepäck. Viele ahnungslose Fahrgäste waren verärgert über die Wartezeiten. „Explosionen?“, staunte die Rentnerin Maria Tuschnakowa. „Ich schaue kein Fernsehen.“ Mittags leerte sich die U-Bahn, letzte Passagiere zeigten Galgenhumor. „Moskaus Metro ist berühmt für ihre Schicksalhaftigkeit“, meinte ein Fahrgast. Schon 2004 starben hier mindestens 39 Menschen, als sich ein tschetschenischer Selbstmordattentäter in der Metro in die Luft sprengte. Zuletzt war im November ein Sprengsatz entlang der Bahnstrecke Moskau-Sankt Petersburg explodiert.
„Ein Gruß aus den Bergen“
Das offizielle Moskau war sich einig über Täter und Motive. Wie bei den Hausexplosionen 1999 und wie 2004, als ein Selbstmordattentäter einen fahrenden U-Bahn-Waggon in die Luft jagte und 41 Menschen tötete. „Hätte man unseren Vorschlag akzeptiert, alle Bewohner des Nordkaukasus zur Abgabe ihrer Fingerabdrücke zu zwingen, dann hätten wir die Identität der Selbstmörderinnen in einer halben Stunde ermittelt“, sagte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft.
Attentat in Moskau
Die Nachrichtenagentur Interfax zitiert einen Geheimdienstbeamten: Die Terroristen stammten offenbar aus den kaukasischen Bergen, sie hätten sich in der U-Bahn nur schlecht zurecht gefunden. Medien verweisen darauf, dass eine Bombe an der Lubjanka explodierte – dem Hauptquartier des Inlandsgeheimdienstes FSB. „Ein Gruß aus den Bergen“, schreibt das oppositionelle Internetportal kasparov.ru.
Russlands Präsident Dmitri Medwedew forderte, den Kampf gegen den Terror „ohne Zaudern bis zum Ende“ fortzusetzen. Ministerpräsident Putin versicherte: „Die Terroristen werden vernichtet.“ Die Zielgruppe dieser Drohungen bleibt unbeeindruckt.