Berlin. .
Offenbar zieht es die Bundesregierung in Erwägung, Häftlinge aus dem US-Gefangenenlager Guantanamo in Deutschland aufzunehmen. Zwischen der Bundesregierung und den USA laufen erneut Gespräche. Mögliche Kandidaten werden bereits auf ihr Risiko geprüft.
Zwischen der Bundesregierung und den USA laufen erneut Gespräche über die Aufnahme von Häftlingen aus dem US-Gefangenenlager Guantanamo in Deutschland. Zuständig sei das Bundesinnenministerium, erklärte ein Sprecher am Samstag auf Anfrage. Die Gespräche erfolgten in Abstimmung mit dem Kanzleramt und dem Auswärtigen Amt. „Dabei geht es um einzelfallbezogene Prüfungen“, erklärte der Sprecher.
„Die Bundesregierung bleibt - in Kontinuität mit der Vorgängerregierung - bei ihrer Haltung, die Vereinigten Staaten bei ihren Bemühungen zur Auflösung des Gefangenenlagers Guantanamo zu unterstützen“, erklärte der Sprecher.
Die Bundesregierung hatte im vergangenen Jahr einen US-Antrag zur Aufnahme zweier Guantanamo-Häftlinge abgelehnt. Zur Begründung hieß es, die US-Angaben zur Prüfung der Aufnahmen eines Syrers und eines Tunesiers seien nicht ausreichend gewesen. Kanzlerin Angela Merkel hatte sich danach bei einem Besuch in Washington optimistisch gezeigt. Deutschland werde sich seiner Verantwortung nicht entziehen, sagte die CDU-Vorsitzende: „Es wird zu Ergebnissen kommen, da bin ich ziemlich sicher.“
Delegation führte laut Bericht schon Gespräche
Einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ zufolge führte eine deutsche Delegation vergangene Woche mehrere Gespräche mit Insassen des Gefängnisses, die für eine Aufnahme in Frage kommen. Dem Bundesinnenministerium liegt demnach eine Liste aus Washington vor, die der US-Sondergesandte Daniel Fried Ende vergangenen Jahres in Berlin übergeben habe. Beide Seiten hätten in monatelangen Geheimgesprächen über die Modalitäten verhandelt.
Von den ursprünglich neun Namen, die die US-Regierung anbot, sind laut „Spiegel“ mehrere Gefangene bereits in anderen Ländern untergekommen. Der Verbleib einiger Häftlinge sei noch offen.
Risikoprognose wird vorgenommen
Die Delegation aus Berlin bestand dem Bericht zufolge aus Beamten des Innenministeriums, des Bundeskriminalamts und des Bundesamtes für Migration. Sie hätten sich in persönlichen Treffen ein Bild der Persönlichkeiten machen und eine Risikoprognose vornehmen wollen. Auf dieser Grundlage wolle Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) entscheiden.
Zu den möglichen Kandidaten gehören laut „Spiegel“ ein Palästinenser aus dem Westjordanland, der der radikalislamischen Gruppe Tablig-i-Dschamaat angehört und in Pakistan festgenommen wurde, ein Jordanier, der im Sommer 2001 nach Afghanistan gereist war, sowie ein Syrer, der Ende 2001 in einem Krankenhaus in Kabul behandelt wurde und kurz danach festgenommen worden war. Alle Gefangenen sind demnach von der US-Regierung zur Freilassung vorgesehen. (apn)