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Westerwelle gibt den Dauer-Wüterich, die SPD kloppt ihre Agenda in die Tonne, die Schwarz-Gelben in Berlin taumeln von einer Bredouille in die nächste – lauter gefundene Fressen für die Talkshows. Dass man eine Runde trotzdem versemmeln kann, bewiesen Maybrit Illner und ihre Gäste.

War das wirklich Wolfgang Kubicki? War das wirklich der freidemokratische Provokateur vom Dienst, der gerade in einem Interview mit der „Zeit“ einen veritablen verbalen Rundumschlag hingelegt hatte, böse Tiefschläge gegen CSU-Chef Horst Seehofer inklusive? Nicht wiederzuerkennen der Mann, wie er da mit übereinandergeschlagenen Beinen und süffisant lächelnd bei Maybrit Illner auf dem Stuhl saß. Wenigstens Frisur und Krawatte saßen bei Kubicki perfekt wie immer. „Kleiner Partner, große Klappe“, lautete das Motto der Runde, gemünzt auf Regierungs-Juniorpartner FDP. Doch Kubicki hatte Kreide gefressen.

Aber nicht nur diejenigen, die sich von der Runde um den Kieler FDP-Fraktionschef Kubicki, die Grünen-Bundestagsfraktions-Vorsitzende Renate Künast oder Ex-BDI-Chef Olaf Henkel auf einen munteren Schlagabtausch gefreut hatten, wurden gestern Abend enttäuscht. Auch – und vor allem – jene, die auf neue Erkenntnisse hofften, erlebten stattdessen eine gedankliche Geisterstunde schon vor Mitternacht.

Je abwegiger, desto besser

Munter irrlichterten die Diskutanten von Thema zu Thema. Ging es anfangs noch um den Außenminister, seine Reise-Delegationen und um die Frage, ob es richtig war, dass Westerwelle seinen Lebenspartner auf seine Südamerika-Visite mitgenommen hat, so suchte sich die Runde schon bald andere Themen: Parteispenden und Sponsoring, Angela Merkels Regierungsstil und Politikerwechsel in die Wirtschaft, Helmut Kohl und Gerhard Schröder. Man hatte den Eindruck: je abwegiger die Idee, desto besser.

Michael Jürgs, Autor und Journalist, bescheinigte dem Außenminister, er sei „seit 30 Jahren auf Ego-Trip“ und müsse nun eben mal „einen draufkriegen“. Der Mann leide unter „spätrömischer Beratungsresistenz“, so Jürgs. Ganz entspannt gab sich dagegen Grünen-Frontfrau Künast, die angesichts der nicht in die Gänge kommenden Bundesregierung zu Protokoll gab: „Ich leide im Augenblick nicht. Wir steigen in den Umfragen.“ Und Ex-Unternehmer-Chef Henkel empfahl Westerwelle, seinen Lebenspartner nicht auf Staatsreisen mitzunehmen, zumindest solle er aufpassen, in welches Land er mit Partner reise. „Das gehört zum Stil“, so Henkel. Noch einer ´ne Idee?

Kubicki: „Ich bin sehr unreif.“

Da war ja noch der Schauspieler Heinrich Schafmeister, der sich ganz offensichtlich im Geheimen selbst fragte, warum Illner ihn wohl eingeladen hatte. Aber weil er nun einmal da war und als Gast schließlich etwas sagen musste, suchte er sich Kubicki als Zielscheibe aus und stänkerte, argumentativ nicht immer stringent, gegen Steuerflucht, die Steuerpläne der Liberalen und die Spende des Möwenpick-Hoteliers aufs Konto der Liberalen.

Immerhin schaffte Schafmeister es damit, den schon müde wirkenden Kubicki etwas aufzuwecken. „Ich kenne Künstler, die verdienen 20.000 Euro pro Auftritt und profitieren von Ausnahmetatbeständen im Steuerrecht“, keifte der leicht angefressene Kieler zurück. Und weil er gerade mal das Wort hatte, schickte er noch ein paar Spitzen Richtung CSU hinterher. Immerhin bewies Kubicki auch etwas Einsichtsfähigkeit: „Ich bin sehr unreif.“

Gastgeberin Maybrit Illner hatte zu diesem Zeitpunkt längst ihre Stichwort-Zettel eingerollt und sich offenbar mit dem verlorenen Abend abgefunden. Am Ende stammelte sie noch: „Es war unterhaltsam, informativ und lehrreich. Irgendwie.“ Es klang nicht so, als glaubte sie selbst daran.