Düsseldorf. .

Der ehemalige Chef der Düsseldorfer Mittelstandsbank IKB, Stefan Ortseifen, steht ab heute vor Gericht. Es ist der erste Prozess gegen einen Bankmanager nach Ausbruch der Finanzkrise. Die IKB war als erste deutsche Bank betroffen und wurde mit einem Milliardenpaket vor der Pleite gerettet.

Als die Banken zur Hochzeit der Finanzkrise reihenweise ins Taumeln gerieten, waren die Schuldigen schnell ausgemacht. Banker, die die Welt mit kaum durchschaubaren Finanzgeschäften aus den Fugen brachten, wurden zu den Buhmännern der Nation. Nun beginnt in Deutschland auch die juristische Aufarbeitung des Jahrhundert-Debakels: Als erster Bankmanager muss sich Ex-IKB-Chef Stefan Ortseifen ab dem heutigen Dienstag im Zusammenhang mit der Finanzkrise vor Gericht verantworten.

Mit dem Beinahe-Zusammenbruch der einst soliden Düsseldorfer Mittelstandsbank erreichte die US-Immobilienkrise im Juli 2007 erstmals auch ein deutsches Kreditinstitut. Angeklagt ist Ortseifen allerdings nicht wegen der Milliardenverluste, die die IKB aufgrund ihres riskanten Engagements im Geschäft mit zahlungsschwachen US-Hypothekenschuldnern verbuchen musste. Ihre ursprünglich erhobenen Untreue-Vorwürfen in Zusammenhang mit den dramatischen Wertpapierverlusten konnte die Staatsanwaltschaft nicht aufrechterhalten. Ein Vorsatz sei nicht nachweisbar gewesen, hieß es im vergangenen Juli bei der Erhebung der Anklage.

Pressemitteilung im Mittelpunkt

Im Mittelpunkt des Prozesses steht nun vor allem der Vorwurf der Börsenpreismanipulation und damit eine Pressemitteilung, die der IKB-Vorstand am 20. Juli 2007 kurz vor der Fast-Pleite herausgeben hat. Der ehemalige IKB-Chef soll die Lage der Mittelstandsbank dort bewusst zu positiv dargestellt und Anleger auf diese Weise zum vermehrten Aktienkauf verleitet haben.

Eine Woche später stand das Düsseldorfer Geldinstitut vor dem Aus und konnte letztlich nur durch ein zehn Milliarden schweres Rettungspaket ihrer damaligen Hauptaktionärin, der Staatsbank KfW, des Bundes und privater Banken vor der Insolvenz gerettet werden. Der laut Anklageschrift erdrutschartige Kursverlust entpuppte sich für zahlreiche Anleger und Investoren als großes Verlustgeschäft. Ortseifen nahm Ende Juli 2007 seinen Hut.

Zur Last gelegt wird dem 59-Jährigen neben dem Verstoß gegen das Wertpapierhandelsgesetz aber auch Untreue in vier Fällen. Unter anderem soll er das von ihm bewohnte Vorstandshaus auf Bankkosten umgebaut und sein Institut damit um mindestens 120.000 Euro geschädigt haben. Im Höchstfall droht Ortseifen, der die Vorwürfen bestreitet, eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren.

Angesetzt ist der Prozess zunächst auf 15 Verhandlungstage bis Ende Mai; den Vorsitz hat Brigitte Koppenhöfer inne. Mit komplexen Wirtschaftsstrafsachen ist die Richterin bereits bestens vertraut. Sie führte unter anderem den Untreue-Prozess gegen Ex-WestLB-Chef Jürgen Sengera und das Mannesmann-Verfahren.

22 Zeugen geladen

Geladen hat Koppenhöfer dem Landgericht zufolge insgesamt 22 Zeugen, darunter den früheren IKB-Aufsichtsratschef und Ex-E.ON-Vorstandsvorsitzenden Ulrich Hartmann sowie den ehemaligen BDI-Chef Hans-Olaf Henkel, der als früherer Aufsichtsrat eine Aussage zu den Vorgängen bei der Mittelstandsbank machen soll.

Die IKB, die im August 2008 vom Finanzinvestor Lone Star für gut 100 Millionen Euro übernommen wurde, kämpft sich derweil nur mühsam in ruhigeres Fahrwasser zurück. Zwei Mal musste der Bankenrettungsfond SoFFin dem Institut seit dem Eigentümerwechsel unter die Arme greifen - inzwischen beläuft sich der staatliche Garantierahmen auf zehn Milliarden Euro. In der Bilanz hinterlässt die Wirtschafts- und Finanzkrise weiterhin deutliche Spuren. Ein deutlicher Einbruch beim Zinsgeschäft und eine erhöhte Kreditvorsorge bescherten dem Düsseldorfer Institut in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2009/10 ein Minus von 594 Millionen Euro. (apn)