Essen. .

Täglich werden neue Missbrauchsfälle aus katholischen Einrichtungen bekannt. Die Gläubigen sind geschockt, ziehen aber vorerst keine Konsequenzen: Während etwa bei Streit um die Piusbrüder viele Katholiken die Kirche verließen, bleiben sie ihr diesmal bisher treu.

Immer mehr Missbrauchsfälle werden aus den Reihen der katholischen Kirche bekannt - erst am Sonntag wurde ein Pfarrer aus dem Bistum Münster vom Dienst entbunden. Sexuelle Übergriffe durch Geistliche werden aus Schulen, Internaten und der Jugendarbeit in den Gemeinden bekannt.

Die Kirche verspricht lückenlose Aufklärung - und bleibt dennoch eine klare Stellungnahme schuldig. Vergeblich warteten Christen am vergangenen Sonntag auf klare Worte des Papstes. Statt dessen ließ Benedikt XVI durchblicken, die Kritik an der Kirche sei gleichzeitig eine Attacke auf den Papst und lenkte so die Diskussion weg von den eigentlichen Vorwürfen.

Kaum Austritts-Drohungen beim Zentralrat der Katholiken

Während die Vertreter der Kirche die wahren Schuldigen für die derzeitigen Skandale oft außerhalb suchen, sind die Mitglieder verunsichert. Und doch scheinen sie an der Institution Kirche festzuhalten. Beim Zentralkommitee der deutschen Katholiken sind kaum Austritts-Drohungen bekannt - anders als bei der Diskussion um die Pius-Brüderschaft oder manche strittigen Fragen der Ökumene.

Pressesprecher Theodor Bolzenius sagt, er bekomme zwar viel Resonanz, stehe in regem Kontakt zu Katholiken. „Viele Menschen haben das Bedürfnis, ihr Entsetzen zu äußern. Das ist verständlich.“ Er habe das Gefühl, dass die derzeitigen Enthüllungen eher als Einzelfälle, nicht aber als Problem der gesamten Kirche gesehen würden.

Amtsgericht verzeichnet keine Zunahme der Kirchenaustritte

Vermehrte Kirchenaustritten seien nicht zu verzeichnen, sagt ein Sprecher des Essener Amtsgerichts auf Nachfrage von DerWesten. Die Zahlen dieses Jahres werde er erst im Frühjahr 2011 veröffentlichen können, sagt Ulrich Lota, Sprecher des Bistums Essen. Auch die anderen Bistümer haben nach eigenen Angaben noch keine aktuelle Zahlen. Der Essener Sprecher erzählt, er habe bisher nur wenige negative Rückmeldungen von Kirchenmitgliedern bekommen. Einige hätten sich zwar gemeldet, um konkrete Nachfragen zu stellen, beschimpft habe ihn als Kirchensprecher aber noch niemand.

„Die Leute, die in der Kirche sind, haben doch ein anderes Verhältnis dazu“, sagt Ulrich Lota. Es sei gut, dass so viele Opfer an die Öffentlichkeit treten, gut, dass der Missbrauch thematisiert werde. Ruhrbischof Dr. Franz-Josef Overbeck hatte in seiner Fastenpredigt gefordert, den Fällen schonungslos nachzugehen. „Es beschämt mich und macht mich fassungslos“, kommentierte er die Vorwürfe der vergangenen Wochen. Die öffentliche Diskussion habe ein „Reinigung der Kirche auf den Weg gebracht worden, die notwendig ist und wo nichts Vertröstendes und Verharmlosendes Platz hat“.

Bistümer reagieren auf ihren Webseiten

Auf seiner Webseite verweist das Bistum Essen auf die Missbrauchs-Problematik, das Bistum Münster geht offensiv mit dem Thema um und präsentiert auf seiner Nachrichtenseite aktuelle Entwicklungen, unter anderem einen Fall vom 14. März. Allein im Bistum Paderborn beschränkt sich die Thematisierung auf die Presseschau.