Berlin. .

Die SPD korrigiert die von ihr beschlossenen Hartz-Reformen. Die Parteispitze beschloss am Montag Vorschläge zur Neuregelung des Arbeitsmarktes. NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) bewertet die Korrekturvorschläge der SPD zu den Hartz-Gesetzen als volkswirtschaftlichen Unsinn.

Zwei Monate vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen hat die SPD-Spitze Korrekturen an den „Hartz“-Reformen beschlossen. In einem am Montag vom Parteipräsidium verabschiedeten Papier plädieren die Sozialdemokraten für eine Begrenzung der Leiharbeit, mehr Mitbestimmung und einen Ausbau des sozialen Arbeitsmarktes. Außerdem schloss sich die SPD der Forderung der Gewerkschaften für einen Mindestlohn von 8,50 Euro an, bislang wollte die Partei eine Lohnuntergrenze von 7,50 Euro.

Der Vorsitzende Sigmar Gabriel betonte, am Kern der von Rot-Grün beschlossenen Arbeitsmarktreformen der „Agenda 2010“ müsse sich „nichts ändern“. Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe sei ein richtiger Schritt gewesen. Die SPD wolle aber auf Entwicklungen reagieren, „die dazu beigetragen haben, dass es auf dem Arbeitsmarkt unfair zugeht“. Dort müsse „wieder Ordnung geschaffen“ werden. SPD-Vize Olaf Scholz sprach von einer „konsequenten Weiterentwicklung unserer Politik“.

Bürokratie-Abbau

Für Langzeitarbeitslose ohne Job-Chance wollen die Sozialdemokraten auf dem sozialen Arbeitsmarkt zusätzliche 200 000 Beschäftigungsverhältnisse schaffen und dafür drei Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Geprüft werden soll, ob die öffentlich geförderten Arbeitsplätze die bisherigen „Ein-Euro-Jobs“ ersetzen können. Diese Forderung hatte bereits NRW-SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft erhoben.

Das Arbeitslosengeld I muss nach den SPD-Plänen für diejenigen, die sich weiterbilden, um bis zu zwölf Monate verlängert werden. Die Parteispitze spricht sich zudem dafür aus, auf die Anrechnung von Vermögen zu verzichten und lediglich ein Missbrauchsverbot zu erlassen. Damit solle Bürokratie abgebaut werden. Außerdem gelte es, die „Lebensleistung“ jedes Einzelnen zu honorieren, erläuterte Gabriel. Das Übergangsystem von Arbeitslosengeld I zu Arbeitslosengeld II will die Partei so weiterentwickeln, dass sich darin „lange Beschäftigungszeiten niederschlagen.“

Das maßgeblich von Scholz erarbeitete Konzept soll in den nächsten Wochen von der Parteibasis, mit Verbänden und Gewerkschaften sowie auf öffentlichen Veranstaltungen diskutiert werden. Einen endgültigen Beschluss wird dann ein SPD-Bundesparteitag im September fassen.

Rüttgers spart nicht an Kritik

NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) bewertet die Korrekturvorschläge der SPD zu den Hartz-Gesetzen als volkswirtschaftlichen Unsinn. „Das SPD-Arbeitsmarktpapier ist keine Reform von Hartz IV, sondern eine Stoffsammlung mit arbeitsplatzvernichtenden und volkswirtschaftlich unsinnigen Ideen“, sagte Rüttgers den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe.

Alle Vorschläge seiner Herausfordererin, der SPD-Vorsitzenden Hannelore Kraft, seien zudem einkassiert worden. „So gibt es keine Erhöhung der Hartz-IV-Sätze. Auch mit ihrem gemeinnützigen Arbeitsmarkt hat Frau Kraft sich nicht durchsetzen können. Stattdessen soll ein weiterer voll subventionierter Arbeitsmarkt entstehen, mit dem zwangsläufig gute Arbeitsplätze verdrängt werden“, so Rüttgers.

Kritik von Union und FDP

Harsche Kritik kam am Montag von Union und FDP: CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe warf den Sozialdemokraten einen „hilflosen Zick-Zack-Kurs“ vor. Die SPD versuche sich von der arbeitsmarktpolitischen Agenda ihres Ex-Kanzlers Gerhard Schröders zu lösen. „Dabei präsentiert sie unausgegorene Vorschläge, die überdeutlich die Hilflosigkeit der einst so stolzen Volkspartei aufzeigen“, sagte Gröhe. Der FDP-Sozialexperte Pascal Kober kritisierte, „die SPD opfert ihre sozialpolitische Vernunft auf dem Altar der Koalitionsfähigkeit mit der Linkspartei“.

Der stellvertretende Linke-Vorsitzende Klaus Ernst warf der SPD dagegen vor, „zu kurz“ zu springen. Mit Schröders Agenda-Politik habe die SPD verbrannte Erde auf dem Arbeitsmarkt hinterlassen. „Mit dem Drehen an ein paar Stellschrauben ist es deshalb nicht getan“, sagte Ernst und nannte die Vorschläge „unzureichend und unglaubwürdig“. (ddp)