Essen/Düsseldorf. .
Im ersten Halbjahr gab es am Düsseldorfer Flughafen 900 Landungen nach 23 Uhr. Die Kettwiger Fluglärmgegner machen Druck. Die Deutsche Flugsicherung räumt nun Probleme erstmals öffentlich ein.
Jürgen Weichelt verbucht es als kleinen Teilerfolg des Vereins Bürger gegen Fluglärm in Essen/Kettwig. Der Verein hat in den vergangenen Wochen immer wieder Druck gemacht, weil sich die Verspätungen am Flughafen Düsseldorf in den Nachtstunden deutlich mehren.
Der Druck hat nun dazu geführt, dass sich die Deutsche Flugsicherung am heutigen Donnerstag öffentlich zu diesem Problem in Düsseldorf geäußert hat. Ob die Gründe, die sie dafür anführt, die Fluglärmgegner befriedigen wird, steht auf einem anderen Blatt.
2009 insgesamt 1200 verspätete Nachtlandungen
Nach Angaben der Kettwiger Bürgerinitiative kamen im ersten Halbjahr fast 900 Flieger erst nach 23 Uhr am Flughafen an. Allein im Juni gab es 260 Verspätungen. Das sei der höchste Monatswert seit drei Jahren. Und die Urlaubszeit stehe erst noch bevor, sagt Weichelt. Der Flughafen Düsseldorf wollte diese Zahlen nicht bestätigen, nennt bis Ende Mai 630 verspätete Nachtlandungen. Vergangenes Jahr waren es von Januar bis Dezember knapp 1200.
Aber grundsätzlich räumt Flughafensprecher Christian Hinkel ein: „Wir hatten dieses Jahr ein paar Verspätungen mehr.“ Aus Sicht des Flughafens gibt es dafür mehrere Gründe. Zum ersten nennt Hinkel den harten Winter. Viele Flieger mussten vor den Starts enteist werden. Das kostet Zeit. Zum zweiten führt Hinkel die Aschewolke an, die den Flugverkehr in Deutschland über mehrere Tage lahm legte. Schließlich, und das scheint der Hauptgrund, gibt es Personalprobleme bei der Deutschen Flugsicherung (DFS). Daran kann der Flughafen nicht viel ändern, räumt Hinkel ein. „Wir sind im Gespräch“, heißt es lediglich.
Nachwuchsprobleme bei der Flugsicherung
Weil das Problem offensichtlich nicht so schnell zu lösen ist, kam deshalb am heutigen Donnerstag der Chef der DFS, Dieter Kaden, persönlich nach Düsseldorf, um die Situation zu erklären. In einer Pressekonferenz bestätigte er die „personellen Engpässe“ in der Kontrollzentrale Langen in Hessen, die unter anderem für den Luftraum Köln/Düsseldorf zuständig ist. Laut Kaden sei das Verkehrsaufkommen im Raum Düsseldorf stärker gewachsen, als man nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 gedacht hatte. Die Situation verschärfte sich, so räumte Kaden ein, weil Mitarbeiter krank wurden oder wegen Dienstuntauglichkeit nicht mehr eingesetzt werden können.
Die Lücke ist jedoch nicht so schnell zu schließen. Die DFS hat massive Nachwuchssorgen. Die Ausbildung zum Fluglotsen dauert mindestens vier Jahre. Nur wenige Bewerber schaffen die Aufnahmeprüfung. Die Lücken nun durch Umbesetzung zu schließen, ist Kaden zufolge kaum möglich, weil jeder Lotse für einen bestimmten Flugraum ausgebildet ist.
Die Gewerkschaft der Flugsicherung wirft der DFS vor, jahrelang Ausbildung vernachlässigt zu haben - in dem Glauben, es würden mit der zu nehmenden Technisierung weniger Fluglosten gebraucht. „Das war ein großer Irrtum, wie man jetzt merkt“, sagte Gewerkschaftssprecher Bernd Bockstahler gegenüber DerWesten. Mittlerweile werde ausgebildet, was geht. Dennoch fehlten momentan „ein paar hundert“ Lotsen, so Bockstahler. Die Gewerkschaft arbeitet seit einiger Zeit mit der DFS zusammen, um die Lotsen flexibler einsetzen zu können. „Doch das geht nicht von heute auf morgen“, sagt auch die Gewerkschaft. Ohnehin würden die Fluglotsen an der Grenze der Belastbarkeit arbeiten.
Die Verspätungen am Düsseldorfer Flughafen werden deshalb wohl weitergehen. „Der personelle Engpass könnte sich schlimmstenfalls noch bis zum Frühjahr 2011 hinziehen“, sagte Kaden. Damit müssen auch Urlauber damit rechnen, dass ihre Flüge verspätet starten und sie später am Urlaubsziel ankommen.
Auch die Piloten freut die Situation nicht. Wie der Sprecher der Pilotengewerkschaft Cockpit, Jörg Handwerg erklärt, ist jede Verspätung in der Regel unbezahlte Mehrarbeit für die Piloten. „Wir werden nur nach Triebwerkslaufzeit bezahlt“, so Handwerg, der selbst Pilot ist.
Bürgerinitiative setzt Hoffnung in rot-grüne Landesregierung
Den Bürgerverein gegen Fluglärm genügen die Argumente der DFS nicht: „Das mit den personellen Engpässen hören wir immer wieder. Die Flugsicherung muss besser Vorsorge treffen.“ Der Vorsitzende des Vereins, Christoph Lange ergänzte: „Es kann nicht sein, dass die Anwohner keinen Schlaf finden, weil die DFS ihre Aufgaben nicht erfüllt.“
Dennoch betonen DFS und Flughafen, dass sich die verspäteten Flüge trotz Nachtflugverbots noch innerhalb der Betriebsgenehmigung des Flughafens bewegen. Denn, und so beklagen es die Kettwiger Fluglärm-Gegner, es gibt Ausnahmegenehmigungen für verspätete Flüge in Düsseldorf bis 24 Uhr. Weichelt und seine Mitstreiter setzen deshalb auf die Mithilfe der neuen rot-grünen Landesregierung. Diese will die strengere Einhaltung des Nachtflugverbots auf die Agenda setzen.