Düsseldorf. .

Die künftige rot-grüne Minderheitsregierung in NRW will die Studiengebühren schnellstmöglich abschaffen. Das gaben SPD und Grüne am Freitag nach der zweiten Runde in den Koalitionsgesprächen bekannt. FDP kritisiert Pläne als „Rachefeldzug“.

SPD und Grüne haben bei der zweiten Runde ihrer Koalitionsverhandlungen in Nordrhein-Westfalen Reformvorhaben bei Bildung und Kommunen angekündigt. „Schnellstmöglich“ werde man die Studiengebühren an den Hochschulen „auf Null“ fahren, sagte SPD-Landeschefin Hannelore Kraft am Freitag in Düsseldorf. Die Rückzugspläne des CDU-Landesvorsitzenden Jürgen Rüttgers spielten nach Angaben von SPD und Grünen keine Rolle bei den Gesprächen.

Einen genauen Zeitplan für die geplante Abschaffung der Studiengebühren nannte Kraft nicht. Zunächst müsse man einen „Kassensturz“ machen. Ein Gesetz zur Abschaffung der Gebühren solle aber noch in diesem Jahr beschlossen werden. Man werde „Wort halten“ gegenüber den Studenten und den Hochschulen. Die Gegenfinanzierung soll nicht auf Kosten der Unis gehen.

Rot-Grün einigen sich auch auf „Stadtwerke-Rettungsgesetz“

Die Studiengebühren in NRW waren 2006 von der schwarz-gelben Landesregierung eingeführt worden. An den meisten Hochschulen im Land müssen die Studierenden heute 500 Euro pro Semester zahlen. Neben SPD und Grünen wollen auch die Linken die Gebühren kippen.

CDU und FDP kritisierten die Pläne. Die Abschaffung der Studiengebühren ohne Finanzierungsvorschlag gebe schon jetzt einen ersten Hinweis darauf, wie rasant die Schuldenspirale unter Rot-Grün wieder Fahrt aufnehmen werde, sagte der kommissarische CDU-Fraktionsvorsitzende im Düsseldorfer Landtag, Christian Weisbrich.

FDP-Landtagsfraktionschef Gerhard Papke kritisierte die Pläne als „ideologischen Rachefeldzug gegen erfolgreiche Modernisierungspolitik“. Warnungen von Hochschul-Rektoren „verhallen ungehört“.

Die künftigen rot-grünen Koalitionäre einigten sich zudem auf ein „Stadtwerke-Rettungsgesetz“, wie die Grünen-Fraktionsvorsitzende Sylvia Löhrmann sagte. Die von Schwarz-Gelb beschlossenen Beschränkungen für die wirtschaftliche Tätigkeit kommunaler Unternehmen im Paragrafen 107 der NRW-Gemeindeordnung wolle man wieder rückgängig machen. Auch diese Gesetzesnovelle solle umgehend in den Landtag eingebracht werden. Man hoffe dabei auf die Zustimmung etlicher CDU-Abgeordneter, sagte Löhrmann.

Auf die Zustimmung der FDP dürfte die Minderheitsregierung indes nicht zählen, machte deren Fraktionschef Gerhard Papke am Freitag deutlich: Die Abkehr von Beschränkungen für Stadtwerke ist für ihn die Weichenstellung hin zu „kommunalen Staatsbetrieben“, die den Mittelstand „mit quersubventionierten Dumpingpreisen vom Markt verdrängen können“.

Zum Auftakt der Koalitionsverhandlungen hatten SPD und Grüne am Dienstag die Abschaffung der Kopfnoten an den Schulen sowie wieder mehr Mitbestimmung im öffentlichen Dienst angekündigt. Bislang beschränken sich die designierten Regierungspartner somit darauf, Gesetze von CDU und FDP wieder rückgängig zu machen.

SPD und Grüne wollen „Koalition der Einladung“

Nach Angaben von Kraft und Löhrmann befinden sich die Verhandlungspartner „im Zeitplan“. Am Montag (28. Juni) kommen die beiden großen Parteikommissionen erneut in Düsseldorf zusammen. Vorgesehen ist, dass Parteitage von SPD und Grünen am 10. Juli dem gemeinsamen Koalitionsvertrag zustimmen. Am 13. oder 14. Juli soll Kraft im Landtag als Nachfolgerin des derzeit geschäftsführenden CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers zur ersten Regierungschefin der NRW-Geschichte gewählt werden.

Die Ankündigung von Rüttgers, sich von allen politischen Spitzenämtern in der CDU zurückzuziehen, sei bei dem Treffen nur kurz angesprochen worden, hieß es. SPD und Grüne bekräftigten, dass sie weiter eine rot-grüne Minderheitsregierung planen. Rot-Grün solle aber eine „Koalition der Einladung“ sein, sagte Kraft.

Bei der Landtagswahl am 9. Mai hatte die CDU im bevölkerungsreichsten Bundesland mehr als zehn Prozentpunkte verloren. Schwarz-Gelb wurde abgewählt. SPD und Grünen fehlt im Landtag ein Mandat für eine absolute Mehrheit. Nach wochenlangen erfolglosen Sondierungen mit anderen Parteien hatten Sozialdemokraten und Grüne in der vergangenen Woche die Bildung einer rot-grünen Minderheitsregierung angekündigt.

Sollten sich Abgeordnete anderer Fraktionen im Parlament enthalten, wäre Kraft bei der geplanten Ministerpräsidentenwahl Mitte Juli im zweiten Wahlgang mit einfacher rot-grüner Mehrheit gewählt. Falls es tatsächlich zu einem Machtwechsel in NRW kommt, hätten CDU/CSU und FDP auch die Mehrheit im Bundesrat verloren. (ddp/WE)