Berlin.

228 Menschen starben, als eine Air-France-Maschine im Juni über dem Atlantik abstürzte, davon 28 Deutsche. Ihre Familien klagen gegen Frankreich: Die Regierung soll bei einer EU-Richtlinie geschlampt haben.

Ein Jahr nach dem Absturz einer Air-France-Maschine über dem Atlantik wollen deutsche Hinterbliebene den französischen Staat wegen des Unglücks auf Schadenersatz verklagen. „Die Klage ist fertig, wir werden sie spätestens im Juli in Frankreich einreichen“, sagt der Berliner Luftverkehrsrechtsexperte Elmar Giemulla, der die deutschen Opferfamilien vertritt, am Montag der Nachrichtenagentur AFP. Die Angehörigen stützten sich auf eine EU-Richtlinie zur Flugsicherheit, die von Frankreich nicht richtig in nationales Recht umgesetzt worden sei.

Die Airbus-Maschine war am 1. Juni 2009 auf dem Weg von Brasilien nach Frankreich ins Meer gestürzt. Dabei kamen 228 Menschen ums Leben, unter ihnen 28 Deutsche. Nach Angaben der Ermittler war der Ausfall der Geschwindigkeitsmesser „ein Faktor“ bei dem Unglück. Wie sich nach der Katastrophe herausstellte, hatte es bei Air France schon in den Jahren davor immer wieder Probleme mit den außen am Flugzeug angebrachten Sonden des französischen Herstellers Thales gegeben.

Air France macht Angebot: 25.000 Euro für den „moralischen Schaden“

Die deutschen Angehörigen stützten sich mit ihrer Klage auf den Umstand, dass diese früheren Zwischenfälle nicht an die europäische Luftfahrtsaufsicht EASA gemeldet worden seien, wie das seit 2004 eine EU-Richtlinie vorsehe, sagte Giemulla. Denn Frankreich habe die Richtlinie „verstümmelt“ umgesetzt, so dass Air France nicht zur Meldung verpflichtet gewesen sei. Die EASA habe damit nicht auf die Vorfälle reagieren können und Frankreich „Air France nicht richtig beaufsichtigt“.

Giemulla vertritt mit Kollegen die Familien der 28 deutschen Opfer. Er zeigte sich von der bisher von Air France in Aussicht gestellten Entschädigung enttäuscht. Die Gesellschaft biete bisher 20.000 bis 25.000 Euro für den „moralischen Schaden“ durch den Tod eines Angehörigen. „Das ist fast eine Beleidigung“, sagte er. Nur wenn die Hinterbliebene nachweisen könnten, dass der Familie durch das Unglück ein Verdienstausfall - etwa durch den Tod des Hauptversorgers - entstanden sei, wolle Air France mehr zahlen. Dies könnten aber nur wenige Angehörige belegen.

Hinzu komme, dass Air France in anderen Ländern durch die dortige Rechtslage verpflichtet sei, mehr zu zahlen. In Brasilien rechne er nach ersten Urteilen mit etwa 250.000 Euro für den moralischen Schaden ohne Verdienstausfall, sagte Giemulla. Die deutschen Opferfamilien verlangten, „dass alle Hinterbliebenen gleich behandelt werden müssen“. (afp)