Berlin. Schüler und Studenten haben eine bundesweite Protestwoche gegen Bildungsmissstände eingeläutet. Auch in NRW beteiligen sich Tausende an den Aktionen. Am Mittwoch stehen Demonstrationen in verschiedenen Städten an. Gewerkschafter unterstützen die Proteste.

Mit ersten Protesten und Boykotten haben Studenten und Schüler am Montag eine bundesweite Aktionswoche gegen Bildungsmissstände eingeläutet. An den Universitäten Heidelberg, Berlin, Hamburg und Bochum seien Hörsäle und Seminargebäude besetzt oder blockiert worden, teilten die Organisatoren des «Bildungsstreiks» mit. Gewerkschafter stellten sich hinter die Protestierenden.

Im Rahmen des bis Freitag dauernden «Bildungsstreiks» sind Aktionen in rund 90 Städten geplant. Den Höhepunkt der Proteste erwarten die Organisatoren am Mittwoch. Bei Demonstrationen in dutzenden Städten sollen dann mindestens 150.000 Studenten und Schüler ihrem Ärger über schlechte Unterrichts- beziehungsweise Studienbedingungen Luft machen.

Tausende Teilnehmer in NRW

Auch in NRW haben tausende Schüler und Studenten am Montag mit Kundgebungen und Protestaktionen ihren Bildungsstreik gestartet. Auszubildende beteiligen sich ebenfalls an den zahlreichen dezentralen Aktionen, wie der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) mitteilte. Zudem findet am Samstag (20. Juni) eine landesweite Demonstration für bessere Bildung in Düsseldorf statt. Dazu werden laut Schülervertretung rund 10 000 Teilnehmer erwartet. Am Mittwoch finden unter anderem Aktionen in Aachen, Bonn, Bochum, Bielefeld, Dortmund, Düsseldorf, Duisburg, Essen, Herford, Ibbenbüren, Köln, Münster und Siegen statt.

Am Donnerstag sind unter dem Motto: «Geld für Bildung statt für Banken» symbolische Banküberfälle geplant. Auf dem Programm der von 240 Organisationen und Gruppen unterstützten Aktionswoche stehen aber auch Protestcamps mit alternativen Lernveranstaltungen, Vorträgen und Diskussionen.

Mehr Geld für Bildung gefordert

Zentrale Forderung der Aktionswoche ist mehr Geld für Bildung. Die jüngst von Bund und Ländern beschlossenen 18 Milliarden Euro Fördermittel für Hochschulen und Forschungseinrichtungen seien unzureichend, beklagte die «Projektgruppe Bildungsstreik 2009». Diese kritisierte zum Auftakt der Protestwoche auch die im Zuge der Bologna-Reform eingeführten Bachelor- und Master-Studiengänge als «Schmalspurstudium» und lehnte Studiengebühren ab.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), die den «Bildungsstreik» unterstützt, forderte eine «Kehrtwende in der Bildungspolitik». «Während über Nacht hunderte Milliarden Euro für die Rettung der Banken und der Automobilindustrie bereit gestellt werden, tun sich Bund und Länder schwer, wenn es um dringend erforderlichen Zukunftsinvestitionen in die Bildung geht», erklärte der GEW-Vorsitzende Ulrich Thöne. Auch die bildungspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Nele Hirsch, bezeichnete Proteste gegen Missstände im deutschen Bildungssystem als «längst überfällig».

Hochschulen "dramatisch unterfinanziert"

Die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Margret Wintermantel, äußerte grundsätzlich Verständnis für die Demonstrierenden. Die Hochschulen seien - gemessen an den hohen Erwartungen, die die Gesellschaft an sie stelle - «dramatisch unterfinanziert», sagte sie der Nachrichtenagentur AFP. Einige Forderungen jedoch, wie etwa die Rücknahme des Bologna-Prozesses, sehe sie kritisch. Auch halte sie Studiengebühren unter bestimmten Voraussetzungen für sinnvoll.

Der Deutsche Lehrerverband distanzierte sich deutlich von den Aktionen. «Dieser Bildungsstreik ist ein ideologisch höchst einseitiger und rechtsstaatlich äußerst fragwürdiger Aktionismus», erklärte Verbandspräsident Josef Kraus. Wer mit Unterrichtsboykott und fingierten Banküberfällen operiere, der stelle sich damit «ins Abseits» - möge manche Forderung auch diskussionswürdig sein. Kraus sagte, es sei unerklärlich, «wie gesellschaftlich anerkannte Großorganisationen sich hier sich mit politisch extremistischen Gruppierungen in ein Boot setzen». (afp/ddp)