Berlin. Die Chancen von Sigmar Gabriel auf den SPD-Vorsitz steigen. Vertreter beider Parteiflügel loben seine Arbeit als Umweltminister und bescheinigen ihm die Fähigkeit, die Partei zu führen. Schleswig-Holsteins SPD-Chef Ralf Stegner sagte, Gabriel sei "jemand, vor dem sich die Gegner fürchten".
In der SPD gibt es flügelübergreifend Zustimmung für den bisherigen Umweltminister Sigmar Gabriel als künftigen Parteichef. Sowohl der konservative Seeheimer Kreis als auch die Parteilinke signalisierten am Mittwoch Unterstützung für die Personalie. Auch aus der SPD in Niedersachsen und Bayern kam Zuspruch. Der scheidende Bundesarbeitsminister und designierte Hamburger SPD-Vorsitzende Olaf Scholz (SPD) meldete ebenfalls Anspruch auf eine führende Rolle in der SPD an. Scholz wird als einer von Gabriels möglichen Stellvertretern gehandelt.
Parteitag im November könnte Gabriel wählen
Nach ihrem Debakel bei der Bundestagswahl hat die SPD inzwischen mit ihrer personellen Neuaufstellung begonnen. Der unterlegene Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier übernimmt die Führung der SPD-Fraktion, verzichtet aber auf den Parteivorsitz. Bislang läuft alles auf Gabriel als Parteichef hinaus. Als Vize-Vorsitzende werden neben Scholz Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit und die Chefin der NRW-SPD, Hannelore Kraft, genannt. Die endgültigen Entscheidungen fallen auf dem Dresdner SPD-Parteitag im November.
Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, sagte: «Ich glaube, dass Sigmar Gabriel sehr viel kann, dass er ein wirklich Guter an der Parteispitze ist, dem ich vieles zutraue.» Gabriel habe eine hervorragende Arbeit als Umweltminister gemacht.
Gabriel muss Verantwortung übernehmen
Auch von der Parteilinken kamen lobende Worte über Gabriel. Der SPD-Chef von Schleswig-Holstein, Ralf Stegner, sagte, Gabriel habe einen »fulminanten Wahlkampf« geführt und sei »jemand, vor dem sich die Gegner auch fürchten«. Zugleich komme Gabriel aus einer Generation, »die Verantwortung übernehmen muss«. Wer am Ende Parteivorsitzender sei, werde der Dresdner Parteitag Mitte November zeigen. Es stehe aber außer Frage, dass Gabriel »eine ganze wichtige Rolle dabei spielen wird«.
Der niedersächsische SPD-Landeschef Garrelt Duin, der auch im SPD-Parteivorstand sitzt, sagte: «Sigmar Gabriel hat absolut das Zeug dazu, SPD-Chef zu werden.» Auch der bayerische SPD-Landtagsfraktionschef und SPD-Präsidiumsmitglied Franz Maget bescheinigte Gabriel, er sei für den Posten «geeignet».
Scholz fordert Führungsposten ein
Gabriels möglicher zukünftiger Stellvertreter Scholz meldete sich in der Personaldebatte derweil selbst zu Wort. «Ich bin bereit, in der Führung der SPD mitzuarbeiten. Das werde ich sowohl in der Fraktion als auch in der Partei tun», sagte er, «viele andere ermuntern mich dazu.» In der Frage des künftigen Parteichefs hielt sich der Noch-Arbeitsminister jedoch bedeckt. Die SPD verfüge «über relativ viele Talente». Im Augenblick stehe das Talent im Vordergrund «zusammenzuhalten und die Sachen miteinander zu diskutieren und nicht übereinander».
Scholz widersprach zugleich Meldungen, er plädiere für eine Öffnung seiner Partei zur Linken. Was die Linkspartei im Bund betreffe, gelte immer noch, «was zehn Minuten vor Schließung der Wahllokale galt», sagte Scholz. Mit dem politischen Kurs der Linkspartei lasse sich «gegenwärtig» nicht verantwortlich eine Bundesregierung bilden. «Ich sehe keine Bewegung», stellte er klar. Das «Hamburger Abendblatt» (Mittwochausgabe) hatte zuvor auf der Basis von Interview-Auszügen mit Scholz berichtet, der SPD-Politiker wolle Rot-Rot im Bund nicht mehr ausschließen. Scholz bezeichnete dies als verkürzte Darstellung.
Der Sprecher der SPD-Linken, Björn Böhning, sprach sich dagegen für eine endgültige Öffnung seiner Partei zur Linken aus. Die Zusammenarbeit auf Bundesebene sei möglich, «wenn sich die Linkspartei von ihren außenpolitischen Illusionen verabschiedet». (ddp)