Aachen/Düsseldorf. Nach dem spektakulären Ausbruch aus der JVA Aachen wollen viele Menschen die beiden Flüchtigen gesehen haben. Die Hinweise deuten jedoch in verschiedenste Himmelsrichtungen. Die Polizei fahndet mit Hochdruck weiter, hat aber offenbar noch keine heiße Spur.
Nach dem Ausbruch zweier Gefangener aus der Justizvollzugsanstalt (JVA) Aachen hatte die Polizei am späten Freitagnachmittag noch keine heiße Spur. Unterdessen gingen zahlreiche Hinweise der Bevölkerung bei der Polizei ein, wie ein Sprecher mitteilte. So wollen Bürger die 50 und 46 Jahre alten Schwerverbrecher in der Nähe von Koblenz, in Bonn, im Ruhrgebiet und in Troisdorf bei Köln gesehen haben. Dort wurde die Polizeipräsenz daraufhin verstärkt.
«Wir haben aber keine konkreten Informationen über den Aufenthalt der beiden Männer», sagte der Sprecher. Auch wenn Bürger die Verbrecher teilweise zur selben Zeit an verschiedenen Orten beobachtet haben wollen, werde allen Hinweisen nachgegangen.
Die beiden Straftäter hatten am Donnerstagabend im Bereich einer Eingangschleuse zum Gefängnis einen Justizmitarbeiter bedroht und überwältigt. Danach kam den Männern offenbar der Zufall zur Hilfe. Sie konnten ein Taxi kapern, das gerade einen Freigänger zurück zur JVA gebracht hatte. Von diesem Taxi ließen sie sich zunächst nach Kerpen-Buir fahren. Dort sollen sie gemeinsam mit dem Taxifahrer in ein anderes Taxi umgestiegen sein, das sie zum Vorplatz des Kölner Hauptbahnhofs brachte. Von dort aus flohen sie zu Fuß in die Kölner Innenstadt. Hier verliert sich ihre Spur.
JVA-Beamter als Fluchthelfer unter Verdacht
Derweil ist ein Bediensteter der Haftanstalt festgenommen worden. Der Mitarbeiter stehe unter dem «Verdacht der Gefangenenbefreiung», teilte Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) am Freitag in Düsseldorf mit.
Die Polizei warnte die Bevölkerung vor den beiden Flüchtigen - dem bereits wegen Mordes verurteilten Peter Paul Michalski (46) und dem wegen Mordversuchs und Geiselnahme inhaftierten Michael Heckhoff (50). Die beiden Männer hätten sich in der Vergangenheit brutal und rücksichtslos gezeigt. Außerdem sollen sie im Besitz von Waffen sein. Die Pistolen mit jeweils acht Schuss Munition waren bei der Flucht aus einem Tresor an der JVA-Pforte entwendet worden.
Nach Angaben der Polizei saß Michalski wegen Mordes und schweren Raubes im Gefängnis, Heckhoff wegen versuchten Mordes. 1992 war er an einer spektakulären Geiselnahme in der Justizvollzugsanstalt im westfälischen Werl beteiligt. Gegen beide Verbrecher war Sicherungsverwahrung verhängt worden, so dass sich auch nach Verbüßung ihrer Haftstrafen nicht auf freien Fuß gekommen wären.
Flüchtige sollen brutal und rücksichtslos sein
Laut WDR hatte Heckhoff 1992 mit einem Mithäftling in Werl einen Zahnarzttermin genutzt, um drei Justizbeamte und drei Arzthelferinnen in seine Gewalt zu bringen. Beim Zugriff der Polizei habe sein Komplize zwei der Geiseln mit einer brennbaren Flüssigkeit übergossen und angezündet. Beide seien dabei schwer verletzt worden.
Persönliche Konsequenzen lehnte die NRW-Justizministerin Müller-Piepenkötter zum jetzigen Zeitpunkt ab. Sie werde die Ermittlungen abwarten und dann die «notwendigen Maßnahmen» ergreifen, sagte Müller-Piepenkötter. Die Ministerin steht seit Jahren wegen Justizpannen unter Druck. Ein Fehler «eines Justizvollzugsbediensteten» sei «kein Fehler im System», betonte die Justizministerin. (ddp/ap)