Berlin. Die Koalitionsverhandlungen zwischen FDP und Union gehen auf die Zielgeraden. Die Parteien haben sich auch beim Streitthema innere Sicherheit geeinigt. So sollen die Hürden für Online-Durchsuchungen höher gesteckt werden, Kinderporno-Seiten sollen gelöscht statt gesperrt werden.

Union und FDP haben sich in ihren Koalitionsgesprächen überraschend schnell in allen wichtigen Streitpunkten der Innen- und Sicherheitspolitik geeinigt. Erfolgreich abgeräumt wurden am Donnerstagabend in der zuständigen Arbeitsgruppe die brisanten Themen BKA-Gesetz, Onlinedurchsuchungen, Internetsperren, die Vorratsdatenspeicherung sowie der Schutz von Berufsgeheimnisträgern.

Der FDP-Innenexperte Max Stadler sagte nach einer Sitzung in Berlin: «Wir haben eine gute Lösung bei allen Hauptstreitpunkten gefunden. Ich gehe davon aus, dass sie auch von der großen Verhandlungsrunde so akzeptiert wird.»

Vorratsdatenspeicherung und Kinderpornosperren

Dem Kompromiss zufolge wird die umstrittene Vorratsdatenspeicherung bis zum ausstehenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts ausgesetzt, das im Frühjahr erwartet wird. Ebenfalls nicht zur Anwendung kommen ein Jahr lang die Internet-Zugangssperren zur Bekämpfung von Kinderpornografie. Hier gilt laut Stadler nun vorrangig der Grundsatz «Löschen statt Sperren». Nach Jahresfrist soll dann eine Evaluation zeigen, ob dies erfolgreich war oder doch Sperren mittels schwarzer Listen nötig sind. Dies sei ein «echter Durchbruch», sagte FDP-Unterhändlerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.

Online-Durchsuchungen

Das Recht zu Online-Durchsuchungen für das Bundeskriminalamt (BKA) wird nach Stadlers Worten nicht auf andere Behörden wie etwa die Geheimdienste ausgedehnt. Zudem soll die weitreichende Maßnahme künftig nur noch von einem Richter des Bundesgerichtshofs auf Antrag der Bundesanwaltschaft angeordnet werden dürfen, und nicht mehr von normalen Amtsrichtern. Desweiteren werde im BKA-Gesetz ein besserer Schutz des persönlichen Kernbereichs festgeschrieben, wie Stadler ankündigte.

Der Schutz von Berufsgeheimnisträgern wird von Strafverteidigern auf alle Anwälte ausgedehnt. Für andere Berufsgruppen wie Journalisten gibt es dem Kompromiss zufolge einen «Prüfauftrag».

Zudem vereinbarten die Parteien bei eingetragenen Partnerschaften die Gleichbehandlung im Beamtenrecht, etwa bei der Beihilfe und der Besoldung. Der CSU-Unterhändler Hans-Peter Uhl hob Vereinbarungen im Bereich der Jugendkriminalität hervor. So solle ein «Warnschussarrest» eingeführt und ein rechtzeitiges Eingreifen in Gewaltstrukturen ermöglicht werden.

Strafrahmen für Jugendliche erhöht

Bei Verurteilungen nach dem Jugendstrafrecht sollen nach dem Willen der Arbeitsgruppe 18- bis 21-Jährige künftig bei Mord mit maximal 15 Jahren bestraft werden können. Bisher lag die Höchststrafe bei zehn Jahren. Keine Änderung soll es demnach für die Anwendung des Jugendstrafrechts auf Heranwachsende bis zu 21 Jahren geben. Hier hatte es aus der Union Forderungen nach einer vermehrten Anwendung des Erwachsenenstrafrechts gegeben.

Stadler hatte vor den entscheidenden Verhandlungen mehrfach die Erwartung geäußert, dass die Union nicht bei ihrer Ausgangsthese bleiben könne, dass alles von einer früheren Regierung Beschlossene als gegeben hingenommen werden müsse. «Wir sind ja gerade dafür gewählt worden, dass wir Änderungen und Verbesserungen anbringen», erklärte der Bundestagsabgeordnete aus Bayern.

Letzte große Verhandlungsrunde beginnt

Am morgigen Freitag starten Union und FDP in ihren Koalitionsmarathon, der ursprünglich den Abschluss des Vertrages zum Ziel hatte. Inzwischen wird aber nur noch erwartet, dass bei den Sitzungen am Freitag, Samstag und Sonntag die gröbsten Brocken aus dem Weg geräumt werden. Weitere Verhandlungstermine sind für Mittwoch, Donnerstag und Freitag nächster Woche angesetzt.

Der Streit geht um das Volumen für Steuersenkungen, den Gesundheitsfonds und die Deckung des Milliarden-Defizits bei den Krankenkassen. (ap/afp)