Essen. In Deutschland liegen über 200 Millionen ungenutzte Handys und Smartphones in Schubladen. Eine Studie zeigt: Sie stecken voller Rohstoffe.

  • Deutsche Haushalte horten über 200 Millionen Handys. Eine riesige Rohstoffverschwendung, kritisiert eine neue Studie
  • Das Metall in den Altgeräten reiche theoretisch aus, um den Materialbedarf für Handys für die nächsten zehn Jahre zu decken
  • Alte Handys sollten gespendet, verkauft oder recycelt werden, rät die Verbraucherzentrale NRW

Weltweit werden derzeit mehr natürliche Rohstoffe abgebaut und verarbeitet, als die Erde in diesem Zeitraum zur Verfügung stellen kann. Wie verschwenderisch Industrienationen aktuell mit den Ressourcen umgehen, zeigt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln.

Laut einer theoretischen Rechnung reicht allein das Metall der ausrangierten Handys in Deutschland aus, um den Materialbedarf für Smartphones für die nächsten zehn Jahre zu decken. Demnach lagern in den Schubladen deutscher Haushalte rund 210 Millionen Altgeräte. 87 Prozent der Bundesbürger würden zumindest über ein nicht mehr benutztes Handy verfügen. Im Schnitt seien es mehr als zwei Geräte pro Bürger. Diese Zahl habe sich seit 2015 verdoppelt, stellt das Institut fest. Theoretisch sei die Rechnung deshalb, weil nicht alle Handys dem Recycling zugeführt würden. Auch seien nicht alle Geräte komplett recycelbar sind, so das IW.

Urbane Mine voller Eisen, Silizium oder Magnesium

Dabei sind ausrangierte Handys eine riesige und unverzichtbare Rohstoffquelle, stellen die Autorinnen der Studie fest. Die darin enthaltenen häufigsten Metalle seien Eisen, Silizium, Magnesium, Aluminium, Kupfer, Nickel und Chrom. Hochgerechnet auf 210 Millionen "Schubladenhandys" würden etwa 3356 Tonnen Eisen, 1520 Tonnen Magnesium, 1388 Tonnen Kupfer, 1403 Tonnen Aluminium, 3,57 Tonnen Gold und 1947 Tonnen Silizium in deutschen Haushalten ungenutzt herumliegen. Den Gesamtmetallwert der ungenutzten Geräte in Deutschland beziffert das Institut auf rund 240 Millionen Euro - mehr als das Zehnfache des Materialwerts der im Jahr 2021 verkauften Smartphones (23,5 Millionen Euro).

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Ausrangierte Handys zählen zu den sogenannten "urbanen Minen". Unter diesen Begriff fallen die menschengemachten Rohstoffvorkommen, etwa Brücken, Häuser, Autos oder Waschmaschinen. Aus Autos oder Brücken lässt sich Stahl gewinnen. Das Umweltbundesamt schätzt, dass die deutsche Volkswirtschaft jährlich rund 1,3 Milliarden Tonnen an Materialien verbaut. Über Jahrzehnte würden sich so enorme Materialbestände ansammeln, die zukünftige Rohstoffquellen sein könnten. "Die Rohstoffpotenziale wichtiger Materialien, wie Metalle, existieren in nicht mehr genutzten Elektrogeräten und müssen wiederverwendet werden", fordern die Autorinnen der IW-Studie.

Nicht alle Handymodelle können komplett recycelt werden, kritisiert das Deutsche Institut für Wirtschaft. In den meisten modernen Smartphones etwa kann ein defekter Akku nicht einfach ersetzt werden.
Nicht alle Handymodelle können komplett recycelt werden, kritisiert das Deutsche Institut für Wirtschaft. In den meisten modernen Smartphones etwa kann ein defekter Akku nicht einfach ersetzt werden. © iStock

Dabei gibt es laut Verbraucherzentrale NRW viele Möglichkeiten, ausrangierte Smartphones zu spenden oder zu entsorgen.

Spende an gemeinnützige Organisationen

Gemeinnützige Organisationen wie Nabu, BUND oder Deutsche Umwelthilfe führen teils auch in Kooperation mit Mobilfunkanbietern Handysammlungen durch. Auch die Telekom kooperiert mit gemeinnützigen Projekten und lässt alte Handys aufbereiten oder recyceln.

Abgabe als Elektroschrott in Sammelstellen oder Geschäften

Die meisten Mobilfunkgeschäfte nehmen alte Handys entgegen. Wer sein Gerät stattdessen lieber entsorgen will, kann es wie alle anderen Elektrogeräte auch bei einem Recyclinghof in der Stadt abgeben. Zur Annahme verpflichtet sind auch alle größeren Geschäfte, die Elektrogeräte verkaufen. Seit dem Inkrafttreten des Elektrogesetzes am 1. Juli 2021 müssen zudem auch Supermärkte und größere Lebensmittelgeschäfte Althandys annehmen, falls sie - wie zum Beispiel Aldi oder Kaufland - Elektroartikel dauerhaft oder als Aktionsware verkaufen. Das Umweltbundesamt informiert auf dieser Seite über die Details des Gesetzes.

Verkauf und Ankauf im Internet

Wer sein noch funktionsfähiges Handy verkauft, leistet ebenfalls einen Beitrag zum Ressourcenschutz - denn er verlängert damit die Lebensdauer des Produkts. Neben Online-Verkaufsplattformen wie Ebay oder Ebay Kleinanzeigen gibt es zahlreiche Online-Händler wie zum Beispiel rebuy, Wirkaufens oder clevertronic, die Handys ankaufen. Ein Vergleich von Ankaufspreisen und eine Liste von Online-Händlern bietet zum Beispiel handyverkauf.net.

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Ob Spende, Recycling oder Verkauf: Wer sein nicht mehr benutztes Handy aus der Hand gibt, sollte sich vor dem Missbrauch persönlicher Daten schützen und zuvor das Gerät auf die Werkseinstellungen zurücksetzen. Die Sim-Karte und - falls vorhanden - die SD-Speicherkarte sollten aus dem Gerät genommen werden, rät das Verbraucherportal Finanztip.