Ohne Videoüberwachung wäre die Suche nach den Attentätern von Bosten schwieriger, vielleicht sogar unmöglich gewesen. Das Beispiel zeigt: Die Überwachung ist ein Beitrag zu mehr Sicherheit. Denn was ist ein Schutzraum für den Einzelnen wert, wenn er zum Schutzraum für Täter wird? Ein Kommentar.

Bei der Jagd nach den Attentätern von Boston haben Videos eine wichtige Rolle gespielt. Ohne diese filmischen Aufzeichnungen wäre die Jagd auf die Attentäter unendlich schwieriger gewesen, vielleicht sogar unmöglich. Sicher hätte die Fahndung länger gedauert. Die Täter wären länger auf freiem Fuß geblieben, sie hätten noch mehr Menschen töten oder verletzen können. Die Videoüberwachung in Boston war also hilfreich.

Kein Wunder also, wenn nun auch in Deutschland über die Videoüberwachung von potentiell terror-gefährdeten Plätzen diskutiert wird. Weshalb sollte für den Ruhr-Marathon falsch sein, was für den Boston-Marathon richtig war? Etwa, weil die Bedrohung geringer ist? Um wie viel geringer? Zehn Prozent, zwanzig, fünfzig? Heißt es nicht in solchen Fällen stets: Schon ein Toter ist ein Toter zuviel?

Phantasielose Diskussion entlang parteitaktischer Muster

Es ist schade, dass diese Diskussion nun phantasielos entlang der eingeübten parteitaktischen Muster geführt wird. Die Union ist für die Videos, weil sie für innere Sicherheit ist. Die FDP ist dagegen, weil sie für die individuelle Freiheit ist und ein Video, gedreht ohne die Zustimmung des gefilmten Einzelnen, den Spielraum des Individuums mehr als erlaubt einschränkt. Die Liberalen liegen falsch.

Was sollte man ernsthaft gegen diese Form öffentlicher Überwachung einwenden? Daß der Staat es übertreibt? Im Falle eines Anschlags würde dieses Argument zeitgleich mit der Detonation hinweg geblasen. Man stelle sich vor, die Polizei könnte sagen: Hätten wir die Täter auf Video, könnten wir sie besser finden, was würde FDP-Frau/Mann dann dagegen setzen? Dass ein Schutzraum für den Einzelnen auch dann Vorrang hat, wenn er zum Schutzraum für Täter wird?

Was wiegt schwerer: informationelle Selbstbestimmung oder Menschenleben

Und weiter: Wiegt das Anonymitäts-Bedürfnis eines Einzelnen mehr als das Schutz- oder Aufklärungsbedürfnis vieler Einzelner? Und weshalb sollte das so ein? Und wie steht es um die "informationelle Selbstbestimmung", die das Bundesverfassungsgericht jedem Bürger zugestanden hat, wenn die Unversehrtheit, vielleicht das Leben von Menschen der Preis dafür wäre? Was wiegt schwerer?

Es geht ganz einfach nicht um die Frage: Mehr Staat oder weniger. Sondern um die Frage: Mehr Sicherheit oder weniger. Und es geht darum, wieviel Vertrauen die Bürger in den Rechtsstaat haben. Das liberale Rechtsstaats-Verständnis wurzelt in der Pervertierung des Rechts durch die Nazis. Heute haben wir andere Probleme. Es geht um die bestmögliche Bekämpfung von Terror, dessen rechtsextremistische Variante eingeschlossen. Die Liberalen, ob bei der FDP oder den Grünen, sollten ihre Position überdenken.