Essen. Mit seiner ersten Amtshandlung, einem Gebet für seinen Vorgänger Benedikt XVI., hat der neue Papst Franziskus ein Zeichen der Demut gesetzt. Überhaupt markiert die überraschende Wahl von Kardinal Jorge Bergoglio zum neuen Papst eine Zäsur für die katholische Kirche. Ein Kommentar.
„Habemus Papam“ – Wir haben einen Papst. Eigentlich sogar zwei: Franziskus I. ist das neue Oberhaupt der katholischen Kirche. Sein Vorgänger ist zwar nicht im Amt, aber doch in höchsten Würden, als emeritierter Heiliger Vater Benedikt XVI. Diese einzigartige Konstellation wird den Petrusdienst nachhaltig prägen, auch die Amtszeit von Franziskus I. Dessen erste Amtshaltung war ein Gebet für den Vorgänger – damit hat er ein Zeichen der Demut gesetzt.
Natürlich richten sich nun die Augen der Welt auf den „Neuen“. Jorge Mario Bergoglio. Er ist der erste Papst der Neuzeit, der nicht aus Europa kommt. Schon das ist eine Sensation. Die Kardinäle haben durch ihre Wahl das Selbstverständnis der katholischen Kirche als Weltkirche gestärkt. Katholizismus ist eben nicht stur und uniform, sondern so bunt und unterschiedlich wie die Menschheit. Dem Glauben nach ist bei der Papstwahl ja nicht politisches Kalkül, sondern vor allem der Heilige Geist im Spiel.
Franziskus steht für junge Ideen
Mit der überraschenden Wahl von Kardinal Bergoglio erlebt die katholische Kirche eine Zäsur, womöglich einen Neuanfang. Jorge Mario Bergoglio ist nicht viel jünger als Joseph Ratzinger. Nun braucht die Kirche im Petrusamt nicht unbedingt junge Leute, sondern junge Ideen. Dafür steht dieser Mann, der sich traut, den Namen „Franziskus“ anzunehmen.
Mit der Wahl seines Namens hat der neue Pontifex Mut bewiesen. So hat sich noch kein Bischof von Rom zu nennen gewagt. Denn er ist ein Synonym für Bescheidenheit, Fürsorge, Armut. Dieser neue Oberhirte kommt aus Argentinien und repräsentiert die kraftvolle, hoffnungsvolle, aber arme Kirche Lateinamerikas. Er setzte schon in den ersten Minuten seiner Amtszeit Zeichen persönlicher Bescheidenheit. Damit folgt er Benedikt XVI., der auf viele Statussymbole, Ehrentitel und Äußerlichkeiten des Papstamtes verzichtet hat.
Kühne Hoffnungen sind mit dem Pontifikat verbunden
Natürlich ist Franziskus von nun an auch ein Repräsentant der sogenannten „Dritten Welt“. Herkunft sollte man aber nicht überbewerten. Wichtig ist die Frage, wer die katholische Kirche leitet und weniger, woher er kommt.
Kühne Hoffnungen sind mit einem Pontifikat verbunden, das mit dem Namen „Franziskus“ einen neuen Anfang verspricht. Gerade die kritischen, deutschen Katholiken sehnen Veränderungen herbei. Weltweit ist der Reformdruck aber viel geringer als hierzulande. Während in Europa die Kirchen schrumpfen, erlebt die katholische Kirche in Lateinamerika, Asien und Afrika eine Blütezeit. Themen der Sexualmoral oder des Frauenpriestertums, die hier mit heißem Herzen diskutiert werden, spielen dort eine untergeordnete Rolle.
Eine Revolution im Vatikan ist nicht zu erwarten
Eine Revolution im Vatikan ist zwar nicht zu erwarten. Aber mit Jorge Mario Bergoglio ist kein Kompromisskandidat gewählt worden. Es ist eine bewusste Entscheidung für eine bescheidene Kirche, die sich um die Nöte der Menschen kümmert, sich in die drängenden sozialen Fragen einmischt. Dass die Kardinäle dafür nicht mehr als fünf Wahlgänge benötigten, hat gezeigt, dass die Kirche weniger zerstritten ist, als ihre Kritiker behaupten. Wichtige Aufgaben müssen aber schnell in Angriff genommen werden. Zuerst die Neuordnung der Kurie, die Benedikt XVI. das Leben schwer gemacht hat.
Aus dem Ruhrgebiet, das durch die Adveniat-Bewegung und die Bischöfe Franz Hengsbach, Franz Grave und Franz-Josef Overbeck Lateinamerika tief verbunden ist, darf man Franziskus I. ein herzliches „Glück auf!“ zurufen.