In wenigen Regionen Deutschlands ist man von der Energie- und Wirtschaftskrise so betroffen wie im Ruhrgebiet. Da kommt der Kanzler gerade recht.

„Es war eine gute, sehr kluge Diskussion – es war ein schöner Abend auch für mich.“ Das war das Resümee des Bundeskanzlers nach seinem zweiten „Kanzlergespräch“ vor einer Woche in Magdeburg. 90 Minuten lang stellte sich Olaf Scholz den Fragen von 150 Bürgerinnen und Bürgern. Donnerstag kommt er nach Essen, ins Herz des Ruhrgebiets. Ob es wieder ein „schöner Abend“ wird?

In wenigen Regionen Deutschlands gibt es so viel geballte Armut. Mehr als jeder fünfte Einwohner des Ruhrgebiets gilt als arm. In Bochum etwa wird mindestens jedes vierte Kind unter 15 Jahren in einem Hartz-IV-Umfeld groß.In kaum einer Stadt ist mit rund 42 Prozent das Kinder-Armutsrisiko höher als in Gelsenkirchen. Die Armen leiden besonders, wenn die Preise für Lebensmittel und Energie ins Unermessliche steigen – so sehr, dass manche im Winter frieren werden und nicht mehr genug zu essen haben. Dann drohen soziale Unruhen, wie sie Deutschland noch nicht gesehen hat.

Regierungsklausur in Meseberg war enttäuschend

Was genau tut die Bundesregierung, um die Wirtschafts- und Energiekrise sozial abzufedern? Was soll das für ein „wuchtiges“ drittes Entlastungspaket sein, wenn der Spielraum im Bundeshaushalt sehr begrenzt ist (Finanzminister Lindner spricht von einem einstelligen Milliardenbetrag in diesem Jahr)? Die Regierungsklausur in Meseberg hat uns nicht viel schlauer gemacht. Vermutlich erfahren wir Donnerstagabend auch nichts Konkretes.

Und doch ist es gut und richtig, dass der Kanzler kommt, dass er sich stellt, dass er mit den Menschen spricht – auf Augenhöhe, ohne Themenbeschränkung. Darauf kann sich Scholz verlassen: Im Ruhrgebiet spricht man Klartext. Er kann und wird es aushalten.

Auf waz.de lässt sich das Kanzlergespräch live verfolgen. Für Samstag dann ist die Veröffentlichung eines Exklusiv-Interviews der WAZ mit dem Bundeskanzler geplant.