Witten. Nach der Schließung der Hausarztpraxis Pötter in Witten warten Patienten vergeblich auf eine Kontaktmöglichkeit. Hat der Arzt ein neues Standbein?

Zusammenfassung

  • Keine Infos, keine Akten. Die ehemalige Hausarztpraxis von Dr. Daniel Pötter lässt Patienten weiter im Dunkeln.
  • Laut Ärztekammer und KVWL sollte eine E-Mail-Adresse für Patienten eingerichtet werden, das ist bisher nicht geschehen.
  • Online mehren sich Spekulationen um einen Zusammenhang zwischen der Praxis-Schließung und einer neuen Tätigkeit des Arztes.

Die plötzliche und unangekündigte Schließung der Hausarztpraxis Pötter in Witten Ende Dezember stellt ehemalige Patientinnen und Patienten immer noch vor Probleme. Denn bis jetzt haben sie keine Möglichkeit, an ihre persönliche Krankenakte zu kommen. Eigentlich wollte der Mediziner schon längst eine Telefonnummer bereitgestellt haben.

So war es zumindest Anfang Januar mit der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) und der Ärztekammer abgesprochen worden. Binnen zwei Wochen wolle Daniel Pötter eine E-Mail-Adresse einrichten, über die ehemalige Patientinnen und Patienten dann ihre Unterlagen anfordern könnten, sagte KVWL-Bezirksstellenleiter Eckhard Kampe damals.

Wittener Hausarztpraxis Pötter: Homepage nicht aufrufbar

Diese Zeit ist längst verstrichen. Wählte man Anfang dieser Woche die Nummer der Praxis, wies eine Bandansage auf die Schließung hin und darauf, dass „innerhalb der nächsten Tage“ eine E-Mail-Adresse auf der Webseite veröffentlicht werden solle. Stellt sich nur die Frage, auf welcher Webseite. Denn die einstige Homepage der Arztpraxis ist schon seit Mitte November nicht mehr erreichbar. In etwa zur gleichen Zeit schloss die Praxis - zunächst aus gesundheitlichen Gründen. Der Arzt hatte sich den Fuß gebrochen.

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Damals sagte der Mediziner im Gespräch mit dieser Redaktion, dass sich die Internetseite lediglich im Umbau befinde und bald wieder online gehen solle. Doch auch dies ist bis heute nicht geschehen. Allerdings sollte die Praxis damals auch im Januar wiedereröffnen. Bei einem weiteren Anruf der Redaktion am Mittwoch (12.2.) war die bisherige Bandansage verschwunden. Nun ertönt eine Ansage aus alten Zeiten, die auf die Öffnungszeiten der Praxis hinweist.

Wittener Patienten haben keine Kontaktmöglichkeit

Warum hat der Hausarzt noch immer keine Nummer für seine Patienten zur Verfügung gestellt? Welche Probleme gibt es möglicherweise? Wann können Patienten mit ihren Akten rechnen? Diese Fragen lässt Daniel Pötter nach einer schriftlichen Anfrage unbeantwortet. Seine knappe Aussage: „Die Herausgabe der Patientenakten ist mit der Ärztekammer, Bezirksstelle Hagen, abgestimmt.“

Daniel Pötter (3. v. li.) bei einer Streetart-Kunstaktion 2021 vor dem Altenzentrum Feierabendhäuser am Schwesternpark in Witten.
Daniel Pötter (3. v. li.) bei einer Streetart-Kunstaktion 2021 vor dem Altenzentrum Feierabendhäuser am Schwesternpark in Witten. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Eine Nachfrage dort ergibt allerdings: Vereinbart sei gewesen, dass innerhalb der angesprochenen zwei Wochen eine Mailadresse eingerichtet werde. „Dies ist jedoch nicht geschehen. Der Vorgang liegt nun beim Vorsitzenden des Verwaltungsbezirks“, so eine Sprecherin. Weitere Fragen will die Ärztekammer nicht beantworten und verweist auf ihre Berufsordnung.

Ärztekammer: Akten müssen nach Schließung zehn Jahre aufbewahrt werden

Dort ist zum Umgang mit Patientenakten aber lediglich festgehalten, dass Ärztinnen und Ärzte nach Aufgabe einer Praxis ihre ärztlichen Aufzeichnungen und Untersuchungsbefunde für die Dauer von (mindestens) zehn Jahren nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren haben - oder sie müssen dafür Sorge tragen, dass die Akten in „gehörige Obhut gegeben werden“. Sollen die Akten weitergegeben werden - etwa an den neuen Hausarzt -, muss der jeweils Betroffene selbst zustimmen.

„Die Akte ist Patienteneigentum“, bestätigt Wittens Ärztesprecher Dr. Arne Meinshausen. Die nachbehandelnde Praxis könne diese nicht anfordern. Bislang habe er auch noch keine Akte der Patienten gesehen, die er von Pötter übernommen hat. „Die Weiterbehandlung ohne Vorbefunde ist schwierig, aber in der Regel lösbar.“ Die gute Nachricht: Mittlerweile seien so gut wie alle ehemaligen Pötter-Patienten an andere Praxen weitervermittelt. Rund 230 Menschen habe man auf zehn Praxen verteilt, so Meinshausen.

Wittener Hausarzt ist seit November auch als Schönheits-Doc tätig

Schon als die Praxis Mitte November erstmals geschlossen wurde, fühlten sich Patienten nicht gut informiert und im Stich gelassen. Nachdem der Arzt im Gespräch mit der Redaktion noch seine Rückkehr für Januar angekündigt hatte, schloss er dann doch Ende Dezember. Sein gebrochener Fuß sei noch immer nicht verheilt gewesen, sagte Pötter im Januar dieser Redaktion. Und weitere Monate der Schließung habe er sich finanziell nicht leisten können.

Neben seiner Tätigkeit als Haus- und Palliativarzt hat der 46-Jährige allerdings seit etwas mehr als einem Jahr ein zweites Standbein: ästhetische Medizin. Teilweise auch in den Räumen an der Ardeystraße bietet er verschiedene Schönheitsbehandlungen wie Botox-Spritzen, Faden-Lifting oder auch eine „Fettwegspritze“. In den sozialen Medien wird deshalb seit einiger Zeit spekuliert, dass dies der wahre Grund für das Aus der Hausarztpraxis sei.

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Doch wie kommen Patientinnen und Patienten nun an ihre Akten? Die Ärztekammer verweist auf Nachfrage an die Kassenärztliche Vereinigung. Diese hat bis Redaktionsschluss eine Anfrage von Montag nicht beantwortet. Im schlimmsten Fall bliebe den Betroffenen wohl nur der Gang vors Gericht.

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