Witten. Kai-Uwe hat viel Schlimmes hinter sich. Er war drogenabhängig, hat aber längst den Weg aus der Sucht gefunden. Und ein neues Glück in Witten.

  • Quartiershausmeister kümmert sich um die Sauberkeit in der Wittener City
  • In seiner Heimatstadt Hamburg war Kai-Uwe den Drogen verfallen
  • Er war auch schon Ruhrtal-Ranger bei der Wabe

Das Lastenfahrrad von Kai-Uwe Eke springt einem direkt ins Auge. „Quartiershausmeister“ steht darauf. Wir treffen den 57-Jährigen an dem kleinen Spielplatz Ecke Lessingstraße/Bergerstraße, gleich gegenüber vom Saalbau. Der gebürtige Hamburger fischt mit seiner roten Zange gerade eine Chipstüte aus dem Sand. Müll aufzusammeln, ist sein täglich Brot. Kai-Uwe ist glücklich. Vielleicht wähnt er sich nicht gerade im Paradies. Aber die Hölle kennt er schon.

Langzeittherapie im Sauerland

Gemeint sind die Drogenhölle, die Sucht, der harte Stoff, von dem der sympathische Norddeutsche in leuchtend gelber Schutzkleidung schon lange runter ist. Als Eke noch in Hamburg lebte, war er abhängig. Dann ging er irgendwann zur Langzeittherapie ins Sauerland, wo er eine Frau kennenlernte. Wir ahnen, wo sie herkam. So landete Kai-Uwe eines Tages in Witten. Hier sollte er sein Glück finden.

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Mit der neuen Partnerin gründete er so was wie eine Patchworkfamilie. Sie hatte schon zwei Kinder. Gemeinsam bekamen sie noch eine Tochter, die heute auch schon erwachsen ist. „Alle drei Kinder sind gut im Rennen“, sagt der Mann mit dem grauen Bart und den etwas längeren Haaren, die unter seiner gelben Mütze hervorlugen. Sie gehen ihren Weg - und das kann man von Kai-Uwe inzwischen ebenfalls behaupten. Der nur bedauert, „so viele Jahre vergeudet zu haben“.

Wahl-Wittener: „Eigentlich schraube ich gern“

Hinter ihm liegen nicht nur Drogen, sondern auch Langzeitarbeitslosigkeit. „Eigentlich schraube ich gern“, sagt der Endfünfziger, der mal ein Praktikum bei „Ebi“ im gleichnamigen Fahrradladen gemacht hat. Zweiradmechaniker war dann aber doch nicht das Richtige für ihn. Zumal die Technik mit den E-Bikes nicht gerade leichter geworden ist.

Bei der Wabe, der Wittener Beschäftigungsinitiative, kam er in die ersten Maßnahmen, zum Beispiel als Ruhrtalranger, deren neonfarbene Jacke Kai-Uwe noch heute trägt. Zwischenzeitlich hatte er sogar einen Job bei der AHE, der Müllabfuhr, wo es aber zu einem Arbeitsunfall kam. „Das geht so schnell mit einem Schrittfehler auf dem Trittbrett. Danach hatte ich den Rücken kaputt.“

Kai-Uwe Eke sammelt in Witten auf dem Spielplatz Ecke Stein-/Lessingstraße Müll auf.
Kai-Uwe Eke sammelt auf dem Spielplatz Ecke Stein-/Lessingstraße Müll auf. © WAZ | Jürgen Augstein

Um so dankbarer ist er, nun wieder einer festen hauptamtlichen Tätigkeit bei der Wabe nachzugehen. Kein Ein-Euro-Job mit gleichzeitigem Bürgergeldbezug, sondern eine wenn auch befristete Anstellung mit richtigem Monatslohn. „Im Moment bin ich zufrieden. Ich kann meine Miete wieder selbst zahlen“, sagt Eke. „Man kommt wieder ein bisschen zu sich.“

Bürger loben Kai-Uwe bei Arbeit in Wittener Grünanlagen und auf Spielplätzen

Auch das Feedback, die Resonanz der Bürger sei positiv - wenn sie sehen, dass er den Dreck in der City wegmacht, in Grünanlagen wie dem Lutherpark oder auf Spielplätzen wie gerade im Lessingkiez. Kai-Uwe geht mit der Zeit und lädt alles bei Insta hoch. So kann man quasi live miterleben, was er so tut. „Das ist manchmal richtig widerlich“, sagt er und fügt in schönstem Platt hinzu, „wie kann man nur auf einen Spielplatz schiddern?“ Wir verzichten an dieser Stelle auf die Übersetzung ins Hochdeutsche.

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Kai-Uwe, der sogar Abflussrinnen reinigt, trägt schwarze Handschuhe. In seinem großen Alukoffer verstaut er nicht nur getrennt Glas und Batterien. Er hat auch immer Werkzeug wie eine Bohrmaschine dabei. Denn wenn nötig, kann er auch was reparieren, eine Bank zum Beispiel. Ein Spachtel gehört ebenfalls zu seiner Grundausstattung. Damit entfernt er die vielen Graffitis, sprich Schmierereien.

Kai-Uwe Eke arbeitet für die Wabe in Witten als Quartiershausmeister. Hier ist er mit seinem Lastenfahrrad in der Nähe des Saalbaus unterwegs.
Das Lastenfahrrad ist immer dabei: So kann der Mann von der Wabe seinen Besen und alles andere verstauen, was er für die Arbeit als Quartiershausmeister benötigt. Er kommt auch überall gut hin. © WAZ | Jürgen Augstein

Kai-Uwe wünscht sich natürlich, dass sein Job, den er seit Juni hat, verlängert wird, dass sein Leben weiterhin so konstant verläuft. Da kann es nicht schaden, wenn man sich mit dem Chef gut versteht. „Ein Supertyp“, lobt ihn der neue Wabe-Geschäftsführer Mark Kohlberger. „Er macht sogar Überstunden.“

Arbeit zu haben, einen Vollzeitjob von acht bis vier, bedeutet regelmäßiges Einkommen und eine Tagesstruktur. Und manchmal ist dann ja auch was extra drin. Als der 18-jährigen Tochter die Playstation kaputt ging, konnte Papa ihr mal eben eine neue kaufen. Was früher undenkbar gewesen wäre. „Sie hatte Tränen in den Augen“, sagt Kai-Uwe immer noch gerührt. Keine Frage, dieser Mann hat in Witten sein Glück gefunden.

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