Witten. Nach dem waghalsigen Balkonsprung eines Raubopfers in Witten wird einer der Täter bestraft. Ein Komplize muss auf sein Urteil noch warten.
Mit einem ersten Urteil ist am Bochumer Landgericht der „Balkonsprung-Prozess“ zu Ende gegangen. Es geht dabei um den Raubüberfall in einer Wohnung am Rand des Helenenbergs. Ein 30-jähriger Wittener wurde zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Richter Jan Kieke sprach in der Urteilsbegründung mit Blick auf die Tat von einer „Sauerei“.
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Dass am Donnerstag, 5. Dezember, nur einer von zwei Angeklagten bestraft wurde, lag an einer kurzfristig noch anberaumten Begutachtung des zweiten Täters. Hier steht die Frage im Raum, ob er womöglich nur eingeschränkt schuldfähig ist. Er darf jetzt noch mit einem Sachverständigen sprechen. Der 33-Jährige will am fraglichen Tag massiv betrunken vom Vorabend gewesen sein. Er habe eine ganze Flasche Jägermeister (0,7 Liter) allein leergetrunken. Fortsetzungstermine für die Verhandlung gegen ihn sollen nun noch abgestimmt werden.
Angeklagter aus Witten: „Der Typ schuldete mir 250 und dem Mitangeklagten 150 Euro“
Beide Angeklagte hatten sofort beim Prozessauftakt weitreichende Geständnisse abgelegt. Die Wittener hatten zugegeben, am 14. Januar 2022 einen säumigen Drogenkunden in der Wohnung einer Bekannten am Helenenberg aufgesucht, in die Enge getrieben und zusammengeschlagen zu haben. „Der Typ schuldete mir 250 und dem Mitangeklagten 150 Euro“, hatte der 33-jährige Beschuldigte erklärt. „Wir wollten unsere Kohle zurück.“
Im Verlauf des Überfallgerangel war das Opfer damals blitzschnell zum Balkon gerannt, etwa zweieinhalb Meter in die Tiefe gesprungen und hatte sich dadurch am Ende verletzt. Zuvor war auf Seiten der Täter laut Urteil auch ein Griff zu einem mitgeführten Hammer-Stiel angedeutet worden.
Im Prozess hatte der Mann, also in diesem Falle das Opfer, zuletzt als Zeuge unter Verweis auf ein ihm zustehendes Auskunftsverweigerungsrecht geschwiegen. Den Grad der erlittenen Verletzungen konnte das Gericht daher im Urteil nicht feststellen. „Wir haben zwar indirekt von Verletzungen gehört. Was jetzt aber genau gewesen ist, konnten wir nicht beurteilen“, hieß es.
Staatsanwältin hatte sogar viereinhalb Jahre beantragt
Mit der Strafe blieben die Richter noch unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die viereinhalb Jahre Haft beantragt hatte. Der Wittener und sein Verteidiger hatten noch auf eine Bewährungschance gehofft. Zunichte machte diesen Wunsch laut Gericht vor allem die kriminelle Karriere des jetzt verurteilten Witteners. Der 30-Jährige habe schon Haft verbüßt, sei massiv vorbestraft, auch wegen Gewalttaten. „Das spricht für eine gewisse Unbelehrbarkeit“, sagte Richter Jan Kieke.
Das Urteil lautet auf versuchte schwere räuberische Erpressung und gefährliche Körperverletzung. Darin enthalten sind ein mutmaßlicher Gewaltangriff des 30-Jährigen am 19. April 2023 und der Fund eines verbotenen Schlagrings bei der Durchsuchung seiner Wohnung drei Monate nach dem Balkon-Überfall.
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