Witten. Philip Teller (Maxim Shoes) findet, Witten wird zu schlechtgeredet. Er feiert lieber: Seine Firma Hugo Wülbern wird 90 Jahre alt. Erinnerungen.

Das Gejammer ist groß. Spätestens, seitdem Galeria Karstadt Kaufhof 2020 geschlossen hat, sehen viele die Wittener Innenstadt im Abwärtstrend. Zu Recht? „Wir sollten uns abgewöhnen, so negativ zu sprechen“, findet dagegen Philip Teller, der seit Jahrzehnten den Wandel im Handel begleitet.

Die von seinem Großvater gegründete Firma Hugo Wülbern wird bald 90 Jahre alt. Das gleichnamige Bettenhaus auf der Bahnhofstraße ist längst Geschichte, seine beiden Geschäfte „Maxim Shoes & Fashion“ florieren. Und der 57-Jährige findet: Eigentlich hat Witten die Kaufhof-Krise gut gemeistert. Die Stadt entwickele sich besser als viele denken.

1934 gegründet - mit Krisen kennt sich die Firma Hugo Wülbern wohl aus. Aber auch mit positiver Grundstimmung. Denn regelmäßig feiern die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammen, etwa am 20. Oktober. Im Hotel Hoppe gibt es ein Ehemaligen-Treffen. Schon 30 Anmeldungen von einstigen Verkäuferinnen haben Philip und Katharina Teller entgegennehmen können.

Auch der Senior, Hermann Teller, wird mit seinen 85 Jahren zugegen sein. „Mein Vater war mehr im Geschäft als zu Hause“, erinnert sich Philip Teller. Das innige Verhältnis zur Belegschaft ist geblieben. Auch bei den Weihnachtsfeiern werden zum Kaffeetrinken und Klönen die Fotoalben mitgebracht.

Die Firma Hugo Wülbern in Witten besteht seit 90 Jahren. Hier eine historische Ansicht aus der Nachkriegszeit des Bettenhauses, das seit 2017 eine Filiale der Kette „Gebers“ beheimatet.
Die Firma Hugo Wülbern in Witten besteht seit 90 Jahren. Hier eine historische Ansicht aus der Nachkriegszeit des Bettenhauses, das seit 2017 eine Filiale der Kette „Gebers“ beheimatet. © Witten | Michael Korte

Folgemietvertrag mit Bettengeschäft Gebers in Witten

Das Herzstück der Firma Wülbern war stets das Bettenhaus. Als Hugo Wülbern sein Geschäft für Leinenwaren und Gardinen eröffnete, gab es noch keine Start-ups oder Fördermittel. Das einstige Geschäft fiel den Bomben zum Opfer. Wülbern baute 1953 neu, auf der Bahnhofstraße 20. Sein Schwiegersohn Hermann Teller führte die kaufmännische Tradition fort. Enkel Philip stellte sich dann breiter auf. 2003 eröffnete er „Maxim Shoes“ auf der unteren Bahnhofstraße. 2004 zog das Schuh- und Modegeschäft an die Ruhrstraße um.

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Den Handel mit Matratzen, Lattenrosten oder Bettwäsche indes gab Philip Teller 2017 ab und vermietete an die Kette „Schlafexperten Gebers“. Diesen Schritt bereut der Besitzer der Immobilie nicht. Gerade erst habe er einen Folgemietvertrag unterschrieben. „Ich kaufe selbst meine Sachen bei Gebers. Dort arbeiten ja auch einige meiner ehemaligen Angestellten“, sagt er. „Das ist ein tolles Geschäft mit guten Preisen.“

Da brummte der Handel noch in den deutschen Fußgängerzonen: Philip Teller im Bettenhaus Wülbern 2006.
Da brummte der Handel noch in den deutschen Fußgängerzonen: Philip Teller im Bettenhaus Wülbern 2006. © tas | Foto: Tanja Schneider

Teller hatte damals keine Zukunft mehr für das Fachgeschäft gesehen. Vor allem die wachsende Internet-Konkurrenz schwächte die Bilanz. Viele Kunden hätten sich beraten lassen und dann doch günstiger online bestellt. Der Händler fokussierte sich auf Schuhe und Mode. Geschickt: Seit 2019 gibt es ein „Maxim-Outlet“ in der Stadtgalerie. Dort wird die Ware reduziert abverkauft, die im oberen Geschäft nach jeder Saison übrig bleibt.

„Man muss einfach etwas anderes bieten“

Das einst nur für die Weihnachtszeit geplante Outlet zählt inzwischen zum Stammmieter in der kriselnden Stadtgalerie. Bis heute habe er nur einen jederzeit kündbaren Mietvertrag. Doch der Laden läuft, vielleicht zieht auch gerade der Charme des Improvisierten. „Man muss einfach etwas anderes bieten. Dann geht das Konzept auch auf“, so Teller. Diesen Satz könne man so auf die City übertragen.

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Lassen es krachen: Katharina und Philip Teller betreiben auf der Ruhrstraße „Maxim Shoes“, ein Geschäft für Schuhe, Mode und Accessoires Es gehört zur Firma Hugo Wülbern, die seit Samstag (5.10.) 90-jähriges Jubiläum feiert.
Lassen es krachen: Katharina und Philip Teller betreiben auf der Ruhrstraße „Maxim Shoes“, ein Geschäft für Schuhe, Mode und Accessoires Es gehört zur Firma Hugo Wülbern, die seit Samstag (5.10.) 90-jähriges Jubiläum feiert. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Teller, der sich auch in der Standortgemeinschaft engagiert, sieht viel Positives darin, dass sich das Wiesenviertel immer mehr ausbreitet. „Das ist eine schöne Art von inhabergeführten Läden.“ Das Schallplatten-Geschäft „Schall und Rausch“, der Second-Hand-Laden „Ohlàlà“ oder die Trockenblumenfloristik von Tine seien eine tolle Ergänzung. „Das sollten die Wittener wertschätzen und dort auch etwas kaufen“, findet der Kaufmann. Seine These: „Man kann die Zeit nicht zurückdrehen. Aber vielleicht verändert sich wieder etwas, die Leute kommen in die Innenstadt und suchen das persönliche Gespräch.“

Der Firmengründer Hugo Wülbern. Er liebte es übrigens, im Café Leye zu sitzen und von dort auf sein Geschäft zu blicken.
Der Firmengründer Hugo Wülbern. Er liebte es übrigens, im Café Leye zu sitzen und von dort auf sein Geschäft zu blicken. © Witten | Michael Korte

Rabatte zum Firmenjubiläum

Hugo Wülbern eröffnete 1934 mit drei Mitarbeiterinnen sein Geschäft an der Bahnhofstraße 39. Wülbern war während des Krieges an der Front, das Haus fiel den Bomben zum Opfer. Seine Frau Hanni führte den Laden weiter, hatte aber große Mühe, geeignete und hochwertige Ware zu bekommen. Nach der Gefangenschaft folgten für den Firmengründer harte Jahre des Wiederaufbaus. 1953 eröffnete er neu in der Bahnhofstraße 20. 1965 trat der Schwiegersohn Hermann Teller in das Unternehmen ein, 1994 übernahm dessen Sohn Philip.

Ein Jubiläumsverkauf startet am 5. Oktober in beiden Filialen, alles ist um 20 bis 50 Prozent reduziert. Zur Jubiläumsfeier am 20.10. können sich noch Ehemalige anmelden: 02302/392086 oder bei Maxim Shoes an der Ruhrstraße 7.

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