Witten. Anzahlung für Lack oder Ersatzteile kassiert - und abgehauen: Zig Kfz-Besitzer hat ein 25-Jähriger betrogen. Nun steht er erneut vor Gericht.
Er kann es offenbar nicht lassen: Gerade erst zu 20 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, nutzte ein Wittener (25) die Chance nicht, sondern setzte seine Betrügereien in noch größerem Umfang fort. Jetzt war er erneut im Amtsgericht angeklagt - und zwar vor demselben Richter. „Sie können sich bestimmt vorstellen, wie es sich anfühlt, wenn man von einem Angeklagten so enttäuscht wurde“, brachte es Amtsrichter Felix Brelinger auf den Punkt. Zuvor waren in einer dreieinhalb-stündigen Beweisaufnahme 17 Geschädigte als Zeugen vernommen worden.
Die Masche des gewerbsmäßigen Betrügers war immer die gleiche: Wer im Internetportal „Kleinanzeigen“ (früher Ebay) inserierte, um einen günstigen Kfz-Mechaniker oder Autolackierer zu finden, konnte schnell zu seinem Opfer werden. In insgesamt 26 bekannt gewordenen Fällen - die Dunkelziffer dürfte höher liegen - nahm der Wittener Kontakt zu Autobesitzern auf: Er sei gelernter Kfz-Mechatroniker, kenne sich mit Autos aus und biete günstige Konditionen. Das überzeugte die Inserenten, die glaubten, ein Schnäppchen machen zu können. Sie schlossen mit ihm schriftliche Verträge, ließen sich vorsichtshalber sogar den Personalausweis zeigen - und fielen dennoch auf einen Betrüger herein.
„Anzahlung“ für Lackfarbe und Ersatzteile kassiert
Die Fahrzeuge, die repariert oder lackiert werden sollten, wurden stets in Witten übergeben. Dazu traf man sich in Gewerbegebieten, vor Reparaturwerkstätten und Lackierbetrieben. Dort würde er arbeiten, gaukelte er den ahnungslosen Kfz-Eigentümern vor, die ihm auch bereitwillig ihre Autoschlüssel überließen. Als „Anzahlung“ für Lackfarbe oder zu beschaffende Ersatzteile kassierte der Betrüger „Vorschüsse“ ab: mal 900 Euro, mal 1400 Euro, mal 650 Euro oder mal 500 Euro.
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Allein in den neuerlich angeklagten 18 Fällen aus dem Zeitraum von Januar bis April dieses Jahres wurden so knapp 8.000 Euro ergaunert. Repariert oder lackiert wurde in keinem einzigen Fall. Stattdessen verschwand der Angeklagte mit dem Geld. Die Geprellten erhielten ihre achtlos irgendwo abgestellten Autos erst nach längerer Suche oder über die Polizei zurück. In drei Fällen sind die Fahrzeuge bis heute verschwunden.
Seit 18. Lebensjahr krankhaft spielsüchtig
Der 25-Jährige wohnte damals noch bei seinem Vater in der Schlachthofstraße. Im Frühjahr seien Unbekannte dort eingedrungen, hätten die Wohnungstür eingetreten und, weil er selbst nicht zu Hause war, seinen Vater und seinen Bruder krankenhausreif geschlagen, berichtet der angeklagte Wittener: „Das ist ein Wendepunkt in meinem Leben gewesen.“ Der Überfall habe nichts mit seinen Reparaturbetrügereien zu tun gehabt, vielmehr sei es um Spielschulden gegangen. Seit seinem 18. Lebensjahr sei er krankhaft spielsüchtig. Das ergaunerte Geld habe er in Spielhallen und Casinos komplett in Automaten geworfen.
Bereits im November vergangenen Jahres war der Angeklagte wegen acht gleichgelagerter Betrugsdelikte (Schaden damals gut 3.000 Euro) zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt worden. Die Bewährung wird nun widerrufen werden und weitere drei Jahre und drei Monate Haft kommen als neue Strafe noch hinzu. Insgesamt erwarten den Wittener also knapp fünf Jahre im Gefängnis. Richter Brelinger zum Angeklagten: „Sie werden die nächsten Jahre keine Spielhalle und kein Casino von innen sehen.“
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