Witten. . Ab März 2019 baut das ZF-Werk ein Getriebe für 9,5 Megawatt-Windturbinen – das weltgrößte in Serie. Entwickelt wurde es in Witten.

Das Unternehmen und seine Mitarbeiter hatten 2015 keinen leichten Start. Jetzt ist ZF in Witten im Aufwind. Im Werk an der Mannesmannstraße wird das größte Windkraftgetriebe der Welt in Serie gefertigt. 72 Tonnen schwer kommt das 8-Megawatt-Getriebe in den großen Offshore-Windparks der Welt zum Einsatz. Ulrich Reinders, Geschäftsführer der ZF-Industrieantriebe Witten GmbH: „Ab März starten wir mit der Produktion eines noch leistungsstärkeren Getriebes für 9,5 Megawatt-Windturbinen. Das haben wir hier in Witten selbst entwickelt.“

Damit der Laie eine Vorstellung von der Leistungskraft solcher Giganten hat, fügt der Diplom-Ingenieur hinzu: „Allein eine Windkraftanlage mit einem 8-Megawatt-Getriebe versorgt rund 10.000 Haushalte mit grüner Energie.“ In diesem Jahr würden in Witten rund 125 solcher Getriebe gefertigt. Und noch weitere große Getriebe produziert – etwa für Tunnelbohrmaschinen oder Seilbahnen. Ulrich Reinders: „Unsere Seilbahngetriebe kommen sogar in Boliviens Hauptstadt La Paz zum Einsatz.“ ZF-Getriebe hätten die Fräsköpfe beim Bau des Brenner-Basistunnels und beim U-Bahn-Bau in Las Vegas angetrieben.

Geschäftsführer ist für 2019 verhalten optimistisch

Diplom-Ingenieur Ulrich Reinders, ZF-Geschäftsführer des Werkes Witten: „In diesem Jahr werden bei uns Überstunden gefahren.“
Diplom-Ingenieur Ulrich Reinders, ZF-Geschäftsführer des Werkes Witten: „In diesem Jahr werden bei uns Überstunden gefahren.“

Wenn er an das Geschäftsjahr 2019 denkt, ist Reinders verhalten optimistisch. „Unsere drei Bereiche Windgetriebe, Industrieantriebe und der Service deuten auf Wachstum hin.“ Mit Blick auf die internationale Konkurrenz betont er jedoch: „Wir unterliegen weiterhin einem hohen Kostendruck.“

Als die ZF Friedrichshafen AG im Dezember 2015 die Windkraft- und Großgetriebesparte der Bosch Rexroth AG mit rund 850 Mitarbeitern in Witten übernahm, stieg der Konzern vom Bodensee in den Markt für Industriegetriebe ein. ZF-Kunden ordern diese in Witten zum Beispiel auch für Ölplattformen, Minenfahrzeuge oder Recycling-Maschinen.

Standort steht besser da als bei der Übernahme 2015

2016 gab es aufgrund einer schwachen Auftragslage bei ZF Kurzarbeit. Ende Februar 2017 reisten Betriebsräte nach Passau, Sitz der ZF-Division Industrietechnik, um über Einsparungsstrategien am Wittener Standort zu sprechen. Dann die Wende zum Besseren. Im September 2017 hieß es: Der Laden läuft wieder. „In diesem Jahr werden bei uns Überstunden gefahren“, sagt Reinders.

Zwei Wittener ZF-Mitarbeiter bei der Montage des sogenannten Planetenstegs eines Windkraftgetriebes, das auf hoher See zum Einsatz kommen wird.
Zwei Wittener ZF-Mitarbeiter bei der Montage des sogenannten Planetenstegs eines Windkraftgetriebes, das auf hoher See zum Einsatz kommen wird.

Der Geschäftsführer spricht von einer „Erholung nach einer schwierigen Phase“. Und betont, der Standort Witten stehe besser da als bei der Übernahme Ende 2015. „Wir haben tolle, gut qualifizierte Mitarbeiter.“ Das Unternehmen investiere auch in den eigenen Nachwuchs. „In diesem Jahr sind zehn neue Auszubildende für technische Bereiche eingestellt worden. Insgesamt haben wir jetzt 27 Auszubildende.“

Das Service-Center ist ein wachsender Bereich

Das ZF-Motto hängt am Firmeneingang an der Mannesmannstraße: „Wir bewegen Großes!“
Das ZF-Motto hängt am Firmeneingang an der Mannesmannstraße: „Wir bewegen Großes!“

Der Wittener ZF-Standort müsse aber weiterhin an der kontinuierlichen Steigerung der Effizienz arbeiten und „weiter wachsen, um nachhaltig zu wachsen“. Rund 60 Prozent des Umsatzes gehe auf das Konto Windkraftgetriebe, rund 40 Prozent werde mit Industrieantrieben erwirtschaftet, so Reinders. Ein großes Standbein des Unternehmens sei auch das im März 2017 eröffnete europäische Service-Center für Wind- und Industriegetriebe.

„Bei uns werden Großgetriebe – auch von anderen Produzenten – gewartet und repariert. Das Service-Center ist bei uns ein wachsender Bereich“, betont Reinders. Rund zwei Millionen Euro wurden in den neuen Arbeitsbereich investiert. Der Geschäftsführer: „Für unsere Kunden sind wir dadurch attraktiver geworden.“

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Gilt als Vater der Luftschifffahrt: Ferdinand Graf von Zeppelin.
Gilt als Vater der Luftschifffahrt: Ferdinand Graf von Zeppelin.

Die ZF Friedrichshafen AG beschäftigt weltweit 146.000 Mitarbeiter an rund 230 Standorten in fast 40 Ländern. Rund 50.000 Angestellte arbeiten in Deutschland. ZF ist ein weltweit führender Technologiekonzern in der Antriebs-, Fahrwerk- und Sicherheitstechnik.

Der Konzern gehört seit der Übernahme des amerikanischen Unternehmens TRW 2015 zu den weltweit größten Automobilzulieferern. 2017 hat ZF einen Umsatz von 36,4 Milliarden Euro erzielt. Umsatzzahlen für das Wittener Werk werden nicht genannt. Der Konzern wendet über sechs Prozent seines Umsatzes für Forschung und Entwicklung auf und gehört zu den zehn größten Patentanmeldern in Deutschland.

Die Aktien sind im Besitz von zwei Stiftungen

ZF hat seinen Hauptsitz in Friedrichshafen am Bodensee und ist kein börsennotiertes, sondern ein Stiftungsunternehmen. Die Aktien sind im Besitz von zwei Stiftungen. Hauptaktionär (94 %) ist die Zeppelin-Stiftung. 2015 feierte ZF sein 100-jähriges Bestehen und erinnerte an seinen Gründer, den Luftfahrtpionier Ferdinand Graf von Zeppelin(1838-1917). Die vom Grafen 1915 gegründete „Zahnradfabrik“ produzierte Zahnräder und Getriebe für „Luftfahrzeuge, Motorwagen und Motorboote“.