Witten. Zuerst Kurzarbeit, dann Stellenabbau? Dem ZF-Werk in Witten stehen harte Einschnitte bevor. Das sagt der Betriebsrat zu möglichen Kürzungen.

Der Industriekonzern ZF will an seinen deutschen Standorten bis zum Jahr 2028 bis zu 14.000 Stellen streichen. Auch das Werk in Witten mit seinen aktuell 600 Mitarbeitenden wird davon betroffen sein. Das bestätigte nun dessen Betriebsratsvorsitzender Frank Blasey gegenüber dieser Redaktion. Nach seinen Aussagen werden die Einschnitte „gravierend“ ausfallen.

Die Belegschaft sei darüber bereits vor rund zwei Wochen (am 15. Juli) durch die Geschäftsführung informiert worden, so Blasey. Die schlechte wirtschaftliche Situation erfordere, jedenfalls nach Darstellung des Managements, unmittelbare Maßnahmen.

Seit März war bereits wegen fehlender Aufträge das gesamte Werk an der Mannesmannstraße in Kurzarbeit - bis Anfang Juli. Genau wisse man nun noch nicht, was auf die Belegschaft zukomme, sagt der Betriebsratsvorsitzende. Aber: „Wir rechnen mit einem massiven Stellenabbau am Standort.“ Die Kolleginnen und Kollegen seien nun hochgradig verunsichert und hätten Angst, so der 52-Jährige.

ZF-Werk in Witten steht auf drei Säulen - und soll so nicht zukunftsfähig sein

Aktuell steht das Wittener Werk (früher Bosch Rexrodt) auf drei Säulen. Zum einen bietet ZF von hier aus Servicetätigkeiten für Windgetriebe an; zweitens werden hier Industriegetriebe für verschiedenste Anwendungen gefertigt, wie etwa Tunnelbohrmaschinen oder Seilbahnen. Als dritte Säule gilt die Wind-Komponentenfertigung für das Schwesternwerk im belgischen Lommel. Dieses Konzept habe man gerade erst endgültig umgesetzt, sagt Blasey. Nun sei es laut Geschäftsführung „für die Zukunft nicht tragfähig“.

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Besonders im Fokus der Sparmaßnahmen stehen dabei die Wind-Komponenten und der Service für Windgetriebe. Diese Sparten seien „auch perspektivisch nicht wettbewerbsfähig“, so die Info an die Belegschaft. Einen möglichen Verkauf oder Teilverkauf habe das Management nicht ausgeschlossen, sagt Blasey. Dann bliebe im schlimmsten Fall am Standort nur noch die Fertigung von Industriegetrieben. „Dafür würden 150 bis 200 Mitarbeiter reichen“, schätzt der Betriebsratschef. Das wäre nur noch ein knappes Drittel der jetzigen Beschäftigten.

Sachverständiger soll Zahlen prüfen und Vorschläge machen

Gleichzeitig kritisiert der Arbeitnehmervertreter, dass die Geschäftsführung etwa im Bereich der Windkraftkomponenten den Standort Witten mit einem in China verglichen habe. Dort seien die Bauteile rund 30 Prozent günstiger zu beziehen. „Aber dieser Vergleich hinkt, genauso wie bei E-Autos“, ärgert sich Blasey. Denn auch hier subventioniere die chinesische Regierung die Unternehmen massiv finanziell, wodurch der Wettbewerb verzerrt werde.

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Der Betriebsrat hat kurzfristig einen Sachverständigen damit beauftragt, die vom Konzern präsentierten Zahlen gegenzuprüfen, aber auch konstruktive Ideen zur Neuaufstellung des Betriebes vorzulegen. Mitte August wolle man über die Ergebnisse mit der Geschäftsführung diskutieren.

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Trotz der erwarteten massiven Einschnitte beim Personal schließt Frank Blasey betriebsbedingte Kündigungen derzeit aus. „Aufgrund des hohen Altersdurchschnitts im Werk gehen wir aktuell davon aus, dass dies über Altersteilzeitregelungen und Abfindungsangebote sozialverträglich umgesetzt werden kann.“

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