Witten. Die Polizei warnt derzeit davor, Bahnananlagen mit „Abenteuerspielplätzen“ zu verwechseln. Ein Wittener Lokführer schildert seine Erfahrungen.

„Person im Gleisbett“ oder „Notarzteinsatz am Gleis“: Diese Durchsagen hat wohl jeder Bahnfahrende schon einmal gehört. Gerade in den Sommerferien warnt die Bundespolizei davor, Bahnanlagen als „Abenteuerspielplätze“ zu nutzen.

Für Kinder und Jugendliche scheint das wohl reizvoll zu sein. Doch auch Erwachsene sorgen immer wieder für Gefahren. In Witten gibt es ebenfalls Stellen, die gerne mal als Abkürzung genutzt werden – im schlimmsten Fall mit verheerenden Folgen.

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Gerade in den Sommerferien komme es nicht selten vor, „dass sich Kinder einen „Abenteuerspielplatz“ suchen. Dabei wirken gerade auch Bahnanlagen, Gleise und Hochspannungsmasten anziehend auf Kinder und Jugendliche“, warnt die Bundespolizei Dortmund. Das Polizeipräsidium Bochum, zu dem Witten zählt, hat in den vergangenen Jahren ebenfalls auf diese Gefahr hingewiesen, wie die Bahn auch selbst.

Wittener Lokführer: „Die Menschen unterschätzen die Gefahren“

Kinder und Jugendliche würden oft Mutproben machen oder Selfies im Gleisbereich schießen, heißt es. Sie kletterten auch gerne auf abgestellte Waggons. Die Polizei appelliert deshalb an die Eltern, ihre Kinder auf die Gefahren im Bereich von Bahnanlagen aufmerksam zu machen. Aber nicht nur der Nachwuchs scheint leichtsinnig an Bahnhöfen oder -übergängen zu sein.

Bahnanlagen sind kein Spielplatz und dürfen nicht betreten werden in Witten
Am Hauptbahnhof in Witten wird auf mehreren Schildern vor den Gefahren gewarnt. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Tobias Grunwald aus Witten ist seit Jahren Lokführer. „Es kommt mehrfach täglich vor, dass Personen auf den Gleisen sind“, sagt das Ratsmitglied der CDU. Es sei keine Frage des „Ob“, sondern des „Wann“, dass ein Lokführer so etwas selbst erlebt. „Die Leute unterschätzen einfach die Gefahren.“ Man bewege mehrere 100 Tonnen. „Da muss der Zug gar nicht schnell sein, damit etwas passiert.“ Grunwald nennt ein weiteres Beispiel.

So dürfen Züge etwa auf der Strecke von Witten nach Wetter mit rund 140 Stundenkilometer fahren. Wenn dort nun jemand auf den Gleisen sei, könne man sich das Unheil schnell ausmalen. Lokführer hätten in solchen Situationen so gut wie keine Chance mehr, rechtzeitig abzubremsen. „Einige denken sich, dass sie mal eben über die Gleise huschen, damit sie keinen längeren Weg in Kauf nehmen müssen“, sagt Tobias Grunwald. In Witten sieht man das zum Beispiel öfter am Annener Bahnhof.

Der Haltepunkt lässt nicht nur generelle Barrierefreiheit vermissen, sondern ist auch nur von einer Seite zugänglich. Das führt dazu, dass manche Fahrgäste, die aus der Stockumer Straße oder der Märkischen Straße kommen, lieber illegal die Gleise kreuzen, als einen Umweg zu gehen. Oder umgekehrt den Bahnsteig auf diesem Wege verlassen.

Am Bahnhof in Annen nutzen Menschen gernen den Weg über die Gleise als Abkürzung. Eine große Gefahr.
Am Bahnhof in Annen nutzen Menschen gernen den Weg über die Gleise als Abkürzung. Eine große Gefahr. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

„Die Leute denken, dass sie genau wissen, wann welcher Zug kommt oder ihn eben aus der Ferne erblicken können“, warnt der Familienvater. Ein Trugschluss: Er selbst erlebe es oft, dass auf einmal ein weiterer Zug auf der Strecke ist. Der Großteil des Fahrplans sei natürlich durchgeplant. Ausnahmen gebe es aber immer wieder. Der Lokführer warnt ebenso wie die Polizei auch vor dem Spielen auf Bahnanlagen.

Oberleitungen haben Spannung von bis zu 15.000 Volt

„Es gibt so viele uneinsehbare Gefahren“, sagt Tobias Grunwald. Es könne auch vorkommen, dass Schächte offen sind. Und: Das Klettern auf Waggons könne im schlimmsten Fall tödlich enden. „Die Kinder sehen die Leiter und denken sich, dass man ja mal draufklettern und von oben in den Waggon schauen kann.“ Die Oberleitungen können jedoch eine Spannung von bis zu 15.000 Volt haben. „Man muss sie nicht einmal berühren. Es reicht ein Abstand von anderthalb Metern.“

CDU-Ratsherr Tobias Grunwald aus Witten ist Lokführer und hat schon einiges erlebt.
CDU-Ratsherr Tobias Grunwald aus Witten ist Lokführer und hat schon einiges erlebt. © CDU Witten | CDU

Wie leichtsinnig einige Zeitgenossen in Witten zu sein scheinen, zeigt ein Besuch am Wittener Hauptbahnhof. Ein Mann ohne Warnweste sammelt dort gerade in aller Seelenruhe Müll und Unrat ein, mitten im Gleisbett. Glücklicherweise kommt zu diesem Zeitpunkt kein Zug. Doch wenige Minuten später fährt ein Regionalexpress ein. Der Unbekannte scheint zu wissen, wann er die Gleise wieder verlassen muss. Doch ob das immer gut geht?

„Die Eigenverantwortung der Gesellschaft nimmt einfach ab“, sagt Lokführer Grunwald und findet noch einmal deutliche Worte: „Bahnanlagen sind keine Spielplätze!“

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