Witten. Christoph Muschynski hat seine Praxis in Witten nach 37 Jahren einem Nachfolger übergeben. Beide wissen: Ein guter Tierarzt ist auch Psychologe.
Für Wittens Tierfreunde ist er eine feste Größe. Christoph Muschynski hat sich 37 Jahre lang um Kleintiere gekümmert, wenn sie – nun ja – auf den Hund gekommen waren. Er hat ihren Haltern Trost gespendet, wenn alles für die Katz‘ war. Der 68-jährige Veterinär hat seine Praxis jetzt an Christoph Tenhaven (42) übergeben.
„Diese 37 Jahre sind wie ein Sommer vergangen. Ein Sommer, der schöne Erinnerungen hinterlässt. Eine Geschichte geht zu Ende, und eine neue beginnt“, sagt Muschynski über fast vier Jahrzehnte voller Erlebnisse.
Sein Weg führte ihn über eine Zwischenstation in Castrop-Rauxel nach Witten. Zunächst war seine Kleintierpraxis an der Mozartstraße, später an der Ruhrstraße, danach an der Arthur-Imhausen-Straße. Der jetzige Generationswechsel ist mit einem Umzug verbunden. Seit kurzem befindet sich die Praxis an der Hörder Straße 350 in Stockum.
Tierärzte in Witten
In Witten gibt es etliche Tierarztpraxen. Hier eine Auswahl: Tierarztpraxis Herbede, Meesmannstraße 13, 02302-972261; AniCura Tierarztpraxis Dr. Kathrin Budde, Am Lockvogel, 02302-2034445; Dr. Jochen Schulze Lammers, Mannesmannstraße 11, 02302-23232; Volker Botjes, Annenstraße 132, 02302-698777; Judith Schönenstein, Sprockhöveler Straße 151, 02302-8793873.
Medizin für Vierbeiner, Psychologie für Zweibeiner
Muschynski wie Tenhaven wissen, dass sie nicht nur Tiermediziner sind, sondern zugleich auch Psychologen. „Ich sehe bei meinem Beruf drei Teile: Einmal steht das Tier im Vordergrund mit seinen Krankheiten. Dann müssen die Besitzer genauso behandelt werden: psychologisch. Viele haben Angst, sind sogar überängstlich. Andere wiederum sagen: Friss oder stirb! Das ist etwas, was ich nicht akzeptieren kann“, erklärt der scheidende Tierdoktor.
„Ich sage: Das ist ein Tier und zu den Voraussetzungen der Heilung gehört Zeit.“ Drittens müsse es zwischen Arzt und Kunden passen. „Wir müssen gegenseitig Vertrauen haben; wir müssen uns ehrlich sagen, was wirklich los ist.“ Die beiden Veterinäre haben die Ruhe weg. Nicht mal ein TV-Team von Sat.1 brachte Nachfolger Chrisoph Tenhaven in seinen Klinik-Jahren aus dem Tritt.
Apropos Fernsehen. Zuweilen sieht sich Tenhaven als ein Dr. House für Tiere. „Tierarzt ist auch ein Detektivberuf.“ Nicht immer spiegelt beispielsweise ein fauler Hund ein faules Herrchen. Womöglich steckt ein Schilddrüsen-Problem dahinter. Spürsinn hilft - und genaue Beobachtung. Die beiden Veterinäre haben, wie Dr. Dolittle, gelernt, die Sprache der Tiere zu deuten.
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Längst nutzen Muschynski und Tenhaven Künstliche Intelligenz. Sie hilft ihnen, Mimik und Gestik ihrer bellenden oder miauenden Patientenschar besser zu verstehen. Die Beziehung zwischen Haltern und Haustieren ist manchmal kompliziert. Falsch verstandene Liebe macht Hunde und Hamster, Katzen und Kaninchen fett, träge, krank. Apropos Krankheiten: Welche Folgen hatte Corona für Haustiere?
Veterinär rät zu Tierkrankenversicherung
„Bei uns in der Praxis hatten wir nicht viel mehr Tiere als sonst“, erinnert sich Christoph Muschynski. „Aber die Leute sind öfter gekommen. Ich vermute, dass sie einfach mehr Zeit hatten.“ Inzwischen hat sich die Lage verändert. Corona ging. Dafür kam, auch kriegsbedingt, die Inflation. Das Leben ist deutlich teurer geworden. Das gilt auch für Tierhaltung und Arztbesuche. Tenhaven rät zu Tierkrankenversicherungen.
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Mit der Behandlung sei die Kundschaft durchweg zufrieden. Der Anteil an Stammkunden ist hoch. Tierhaltung gilt als emotionale Sache. Kein Wunder, dass ein guter Tierarzt irgendwann wie selbstverständlich zur Familie gehört. Muschynski kennt Tierhalter, die bereits an seinem ersten Praxistag vor 37 Jahren da waren. „Manchmal“, sagt er, „kommen auch ihre Enkel.“
Veterinäre sind Hundeflüsterer
Dem Team helfen zudem drei Bürohunde. Sie verbessern das Arbeitsklima. Es spielt dabei keine Rede, dass einer der Vierbeiner draußen einen Maulkorb tragen muss. Drinnen, im Büro, ist er in Anwesenheit des WAZ-Reporters gewissermaßen lammfromm. Die beiden Christophs sind erkennbar Hundeflüsterer.
Muschynski hat keine Angst vor großen Tieren. „Ich darf keine Angst haben“, sagt der 68-Jährige, „aber Respekt.“ Das hat ihn in all den Jahren vor schlimmen Bissen bewahrt. „Es waren wohl zwei oder drei.“ Infektionen gab es nicht. „Durch die Arbeit mit den Tieren haben wir ein stabiles Immunsystem.“ Anders als bei manchem Tierhalter. „Eine Frau kam mit ihrer Katze. Und sie hatte auch ihren Mann dabei. Durch eine unglückliche Reflexbewegung wurde er gebissen. Am nächsten Tag rief mich die Frau an und sagte: Mein Mann hat einen dicken Arm. Er musste ins Krankenhaus.“ Das war dann ein Fall für die Kollegen, die Menschen verarzten. Christoph Muschynski indes kümmert sich noch ein bisschen in Teilzeit um Hund und Hamster.