Witten. Nach einem Raub in einer WG in Witten muss sich ein 29-Jähriger vor Gericht verantworten. Sein Bruder berichtet von wirren Vorstellungen.
Im Prozess um einen Raub in einer Bauarbeiter-WG in Witten-Annen kristallisiert sich heraus, dass der angeklagte Bauarbeiter (29) bei der Messertat nicht Herr seiner Sinne gewesen sein könnte. Der ältere Bruder des Täters enthüllte jetzt am Bochumer Landgericht ein Schlüsselereignis.
„Mein Bruder hatte sich massiv verändert“, erklärte der Zeuge, der für die Aussage extra aus Polen angereist war. Etwa einen Monat vor der jobbedingten Ausreise nach Deutschland sei der 29-Jährige in seiner Heimat nach einem Diskoabend bei einer Promille-Fahrt mit dem Pkw verunglückt – wenn auch ohne sichtbare Verletzungen. Von da an sei alles anders gewesen. „Er hat sich seltsam verhalten, hat auf einmal wieder im Schlafzimmer meiner Eltern geschlafen, hat kaum noch gesprochen“, erinnerte sich der Bruder des Angeklagten.
Angeklagter wollte in der Ukraine kämpfen
Wenn sein Bruder mal etwas gesagt habe, sei es um Phantome, Kameras und Abhörwanzen gegangen. Außerdem sei er fest entschlossen gewesen, „in die Ukraine zu reisen und dort im Krieg zu kämpfen“. Vor dem Unfall, so der Zeuge, habe er solche psychischen Auffälligkeiten noch nie beobachten können: „Es gab bis dahin kein Problem.“
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Auch seinem Chef, einem polnischen Landsmann, hatte der Angeklagte an seinem ersten Tag auf der Baustelle sofort Rätsel aufgegeben. Der 29-Jährige hatte sich sofort auf dem Dixie-Klo verkrochen, war dann in Tränen ausgebrochen, abgehauen und stundenlang ohne Ziel umhergeirrt. Dann habe er sofort zurück nach Polen gewollt.
Angeklagter flüchtet mit 130 Euro Bargeld aus Wittener WG
Vor der daraufhin geplanten Blitz-Heimreise war die Situation in der Bauarbeiter-WG unweit vom Bahnhof Annen-Nord dann aber eskaliert. „Er hat mich nach einem Tee gefragt und mir dann ein Messer in den Rücken gedrückt“, hatte sich das Opfer erinnert. Dann war der Angeklagte mit 130 Euro Bargeld aus der Wittener Wohnung geflüchtet. Und tags darauf nach zwei Diebstählen in Bochum festgenommen worden.
Der Angeklagte selbst hatte beim Prozessauftakt von einem Giftanschlag gesprochen. Nur deshalb habe er seinen Mitbewohner mit einem Messer angegriffen. Im weiteren Prozessverlauf soll nun eine psychiatrische Sachverständige bewerten, inwieweit der 29-Jährige bei seinen Taten überhaupt zurechnungsfähig gewesen ist. Und auch, ob er wegen drohender Gewalttaten zum Schutz der Allgemeinheit in eine geschlossene forensische LWL-Klinik eingewiesen werden muss. Der Prozess wird fortgesetzt.
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