Witten. In Witten-Herbede misstraut man dem Zeitplan von Straßen NRW für den Brückenneubau ab 2025. Für eine neue Idee läuft eine Unterschriftenaktion.

Die Diskussion zum Neubau der Herbeder Ruhrbrücken schien sich ein wenig beruhigt zu haben, doch nun wird es wieder laut. Dr. Arne Meinshausen, der sich im „Arbeitskreis Herbeder Brücken“ engagiert, macht deutlich: Dem angekündigten Zeitplan von Straßen NRW mit einer vielleicht ertragbaren Vollsperrung von acht bis zwölf Monaten „glauben wir nicht mehr“. Die Aktiven fordern eine komplette Umplanung. „Eine Vollsperrung wird nicht mehr akzeptiert!“ Dazu haben sie einen Plan.

„Zwei Ereignisse haben uns die Augen geöffnet“, sagt der Mediziner vor Wittener Politikern und Politikerinnen im jüngsten Ausschuss für Verkehr und Mobilität. Da wäre zum einen der Bau der Pferdebachstraße, der deutlich länger brauchte als geplant. Vor allem aber rüttelt die Sanierung der Wittener Straße in Richtung Hattingen auf. Deren Bauzeit liegt inzwischen bei drei statt zunächst angekündigten anderthalb Jahren.

Der Ortsteil Herbede würde eine vergleichbare Bauzeitverzögerung nicht verkraften, so Meinshausen. Ohne seine Ruhrbrücke sei er „wie eine Insel“ von Witten abgeschnitten. Der Arbeitskreis warnt vor „unzumutbaren Belastungen, schwerwiegender Unterversorgung vor allem im medizinischen Bereich und teilweise existenzbedrohlichem Ausfall von Kundenströmen“.

2030 könnte es zur Vollsperrung kommen

Im Vergleich zu dem anstehenden Brückenprojekt dürften Pferdebachstraße und Wittener Straße noch „Peanuts“ sein. Laut Plan wird sich das Gesamtprojekt ab 2025 bis 2031 hinziehen. Von Mitte 2025 bis 2028 sollen ein Kreisel auf Hevener Ruhrseite und eine neue Ruhrbrücke entstehen, die parallel zur heutigen errichtet wird. 2027 bis 2029 soll eine neue Lakebrücke für den Freizeitverkehr und Rettungsdienste gebaut werden. Damit letztere Herbede immer schnell erreichen können, zahlt diese Straßen NRW - ein Geschenk für die klamme Stadt Witten.

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Omega-Brücke erst abreißen, wenn neuer Abzweig steht

Etwa 2030 könnte es dann zur gefürchteten Vollsperrung kommen, wenn der zweite Brückentei abgerissen und neu gebaut wird, die Omegabrücke über die Bahngleise. Arbeitskreissprecher Arne Meinshausen zweifelt den Zeitplan des Landesbetriebs dazu an: In acht bis zwölf Monaten sollen der Abriss erfolgen, der Zubringer vor Haus Herbede mitsamt Spundwänden gebaut und die Brücke mit Fertigteilen errichtet werden. „Dass das nicht geht, sagt mir mein gesunder Menschenverstand.“

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Die Lösung läge dabei nach Ansicht der Initiative auf der Hand: Die Stadt Witten plant einen „gewerblichen Abzweig“, der zwischen beiden Brücken zu den Industriebetrieben Lohmann und Sogefi hinabführt, zu Haus Herbede - und natürlich auch ins Dorf. Würde man die Omegabrücke erst abreißen, wenn der neue Abzweig steht, bräuchte es gar keine Vollsperrung mehr.

Ingenieur: Omegabrücke ertüchtigen

Der Bürgerkreis bezieht sich dabei auf die Fachkenntnis des Brückenbauingenieurs Prof. Martin Mertens von der Hochschule Bochum. „Wir haben es fachlich belegt. Durch einfache technische Maßnahmen könnte man die Omegabrücke ertüchtigen und ihre Standzeit verlängern“, erklärt Dieter Boele vom Bürgerkreis. So könne man Zeit gewinnen. Ein Wermutstropfen: Die Notwendigkeit einer neuen - und vom Land bezahlten - Lakebrücke entfiele mit diesem Plan.

Die neue Herbeder Ruhrbrücke, nach einem Entwurf des Architektenbüros Arup.
Die neue Herbeder Ruhrbrücke, nach einem Entwurf des Architektenbüros Arup. © WAZ | Nikola Bisevac

Anfang September (5.9.) planen die Aktiven einen Bürgertag in Haus Herbede. Erneut wollen sie Unterschriften gegen eine Vollsperrung sammeln. Und wieder Kontakt mit dem Verkehrsministerium aufnehmen. „Vielleicht ist eine sinnvolle Änderung der Förderung möglich“, so Boele. Bei einer kleiner geplanten Lakebrücke könne man Kosten einsparen und diese dem neuen Abzweig zu Buche schlagen.

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Dass die Bürgerproteste Erfolg haben können, wurde schon einmal bewiesen. Die einst geplante Vollsperrung über mehrere Jahre hat ein Einspruch des damaligen Verkehrsminister und heutigten Ministerpräsidenten Hendrik Wüst verhindert. 2020 genehmigte er 30 Millionen Euro, und damit zehn Millionen mehr als vorher, für die Bauarbeiten. Dadurch wurde der Ruhrbrückenbau in Parallellage erst möglich. Die Omegabrücke dagegen liegt so eng im Stadtgefüge, dass sie vor einem Neubau erst abgerissen werden muss.

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