Witten. Die Klinik Herdecke möchte ab Juli Psychiatrie-Patienten aus Witten versorgen. Die Debatte um eine wohnortnahe Versorgung sei Wahlkampfgetöse.
Das Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke (GKH) will in der ersten Juli-Hälfte die Versorgung der Wittener Psychiatrie-Patienten übernehmen. In einer Stellungnahme nimmt die Klinik jetzt Bezug auf die Psychiatrie-Pläne am Evangelischen Krankenhaus Witten (EvK). Das EvK hält an diesen Plänen auch nach dem zugunsten Herdeckes entschiedenen Streit um zusätzliche Plätze im EN-Kreis fest. Dabei weiß es die Wittener Politik und Ärzteschaft hinter sich.
Dass das Thema einer qualitativ hochwertigen und wohnortnahen Versorgung von Menschen mit einer psychiatrischen oder psychosomatischen Erkrankung nun „für lokales Wahlkampfgetöse instrumentalisiert“ werde, „halten wir für falsch“, erklärt Prof. Helge Müller, leitender Arzt der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie am Herdecker Krankenhaus. Müller weist daraufhin, dass sich die Landesregierung für den Ausbau der Psychiatrie an der Herdecker Klinik für Patienten aus Witten entschieden habe.
„Das NRW-Gesundheitsministerium entschied im Herbst 2019 nach einem intensiven Prüfungs- und Auswahlprozess durch Verwaltung und Politik, dass das GKH die psychiatrische Pflichtversorgung auf die gesamte Nachbarstadt Witten ausweiten soll“, sagt der Psychiater. Er betont, dass sein Krankenhaus demnächst gleich mit mehreren Standorten in Witten vertreten sein werde. Die psychiatrische Tagesklinik an der Pferdebachstraße werde ab Juli durch eine psychiatrische Institutsambulanz in der Körnerstraße ergänzt. Dort würden Patienten Behandlungsangebote gemacht, um etwa stationäre Aufenthalte zu vermeiden oder zu verkürzen.
In der Innenstadt von Witten wird die Herdecker Klinik eine zusätzliche psychosomatische Tagesklinik mit 14 Plätzen eröffnen
Patienten würde außerdem das Angebot einer „Krankenhausbehandlung im häuslichen Umfeld“ gemacht, so Müller. Dafür seien mobile, ärztlich geleitete Behandlungsteams im Einsatz. Neben der psychiatrischen Tagesklinik würden die Herdecker in der Wittener Innenstadt noch in diesem Jahr eine zusätzliche psychosomatische Tagesklinik mit 14 Plätzen eröffnen. Denn die Nachfrage nach ambulanter psychosomatischer Behandlung steige.
Wie in der NRW-Krankenhausplanung festgelegt, erweitere das Gemeinschaftskrankenhaus die Zahl der Betten in der Erwachsenen-Psychiatrie von 70 auf 110. Die Klinik verfüge auch über die personellen und medizinischen Ressourcen, „um der wachsenden Anzahl gerontopsychiatrischer und psychosomatischer Patienten in allen Belangen gerecht zu werden“, so der Mediziner. Prof. Helge Müller hat an der Universität Witten/Herdecke den Lehrstuhl für Integrative Psychiatrie und Psychotherapie inne.
Bürger werden am Samstag auf dem Rathausplatz Witten über die Psychiatrie-Pläne des evangelischen Krankenhauses informiert
Klinikgemeinschaft plant 79 vollstationäre Plätze
Die Ev. Krankenhausgemeinschaft Herne/Castrop-Rauxel, zu der das EvK Witten gehört, klagt vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen gegen das Land. Das Land hatte dem Psychiatrie-Vorhaben in Witten zugunsten von Herdecke eine Absage erteilt.Heinz-Werner Bitter,Geschäftsführer des EvK Witten, möchte weiterhin auf dem Klinikgelände an der Pferdebachstraße 79 vollstationäre Plätze und 21 Tagesklinikplätze für Psychiatrie-Patienten schaffen. Dieser Bedarf bestehe. Für eine diesbezügliche Petition an NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann werden Unterschriften gesammelt.
Die Evangelische Krankenhausgemeinschaft Herne|Castrop-Rauxel, zu der das EvK Witten gehört, plant auf dem Klinikgelände an der Pferdebachstraße weiterhin die Errichtung einer eigenen Psychiatrie. Am Samstag (29.5.) sollen interessierte Bürger darüber von 9.30 Uhr bis 12.30 Uhr auf dem Rathausplatz informiert werden. Als Ansprechpartner stehen Ärzte, Apotheker und Vertreter der Politik zur Verfügung. Es sollen auch Unterschriften für die Psychiatrie-Pläne gesammelt werden.
Heinz-Werner Bitter, Geschäftsführer des EvK Witten, hatte gegenüber unserer Redaktion betont, dass zusätzliche Psychiatrie-Plätze in Witten angesichts des Bedarfs nicht im Widerspruch zu dem Bettenausbau der Psychiatrie des Gemeinschaftskrankenhauses Herdecke stehen.