Witten. Ein Wittener ist für die Vergewaltigung seiner Freundin zu mehr als drei Jahren Haft verurteilt worden. Er will gegen den Beschluss vorgehen.

Hat ein 30-jähriger Wittener seine Freundin geschlagen und vergewaltigt? Das Schöffengericht am Amtsgericht in Witten ist von der Schuld des Mannes überzeugt. Es verurteilte ihn zu drei Jahren und neun Monaten Haft. Doch das letzte Wort ist in diesem Fall wohl noch nicht gesprochen.

Vor der Urteilsverkündung hatte der Angeklagte die Vorwürfe erneut von sich gewiesen und angekündigt, Rechtsmittel einlegen zu wollen. Zur Last gelegt wurden ihm mehrere Taten, neben der Vergewaltigung etwa auch mehrfache Körperverletzung und Nötigung. Einiges davon hat der Beschuldigte auch zugegeben. Am schwersten aber wiegt die Tat vom April vergangenen Jahres.

Damals hat der Angeklagte nach Ansicht des Gerichts seine zehn Jahre jüngere Freundin in der Wohnung eines Freundes zunächst am Gehen gehindert, ihr später ein Kissen aufs Gesicht gedrückt, ihren Kopf gegen die Wand geschlagen und sie dann vergewaltigt.

Zwei Entlastungszeugen im Vergewaltigungsprozess erschienen nicht vor dem Amtsgericht Witten

Eigentlich wollte das Gericht am Montagmorgen zwei vom Verteidiger geladene Zeugen befragen. Diese hätten den Angeklagten aus dessen Sicht entlasten können. Doch das Gericht hatte die beiden postalisch nicht vorladen können, die Briefe kamen zurück. Der Verteidiger hatte die Zeugen auch per Whatsapp und Mail auf den Termin hingewiesen. Doch vor Gericht erschien keiner der beiden.

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Die bisherigen Verhandlungstage hatten den Angeklagten in kein gutes Licht gerückt. Nach den Aussagen der beteiligten Ermittler leidet der Mann an einem Kontrollzwang. Er habe seine Freundin von sich abhängig gemacht und isoliert. Die Aussagen des Opfers werteten die Polizeibeamte hingegen als glaubwürdig – obwohl die junge Frau, die lernbehindert ist und in einer betreuten Wohngruppe lebt, ihren damaligen Freund mehrfach angezeigt und die Anzeigen dann wieder zurückgezogen hatte. Eine Gutachterin attestierte dem Beschuldigten zudem eine dissoziale Persönlichkeitsstörung. Zu diesem Krankheitsbild gehöre es, Menschen zu manipulieren und zu instrumentalisieren.

Angeklagter: „Ich habe das Mädchen geliebt“

Der Wittener hat eine ganz andere Sicht auf die Beziehung zu der 20-Jährigen. „Ich habe das Mädchen geliebt. Ich wollte, dass sie bei mir wohnt, sie sogar heiraten“, sagte er vor dem Schöffengericht. Doch seine Ex-Freundin habe „systematisch immer wieder gelogen“. Sehr viele Personen könnten bezeugen, dass sie gesagt habe, nie vergewaltigt worden zu sein. Zwei weitere Zeugen hätte der Angeklagte gerne für sich aussagen lassen. Eine von ihnen könne etwa bestätigen, dass das Opfer den Wunsch geäußert habe, vergewaltigt zu werden – als erotisches Rollenspiel.

Opfer trat als Nebenklägerin auf

Das Gericht folgte mit seinem Strafmaß fast exakt der Forderung der Staatsanwaltschaft. Diese hatte drei Jahre und zehn Monate gefordert. Der Angeklagte habe sich „nicht reuig“ und nicht respektvoll im Prozess gezeigt, so die Staatsanwältin – und habe auch in der Verhandlung noch versucht, das Opfer zu beeinflussen. Im Prozess war die junge Frau als Nebenklägerin aufgetreten. Ihre Anwältin betonte im Schlussplädoyer noch einmal, dass ihre Mandantin intellektuell nicht fähig sei, solche Zusammenhänge zu erfinden. Die Vermutung liege nahe, dass der Täter sich bewusst jemanden wie seine Ex-Freundin ausgesucht habe, um leichtes Spiel zu haben.

Doch das Gericht lehnte es ab, weitere Zeugen zu laden, da diese „ungeeignet“ seien. „Denn die Aussagen, die sie treffen könnten, werden vom Gericht bereits als wahr erachtet“, so die Vorsitzende Richterin. Etwa, dass das Opfer zwischenzeitlich seine Anschuldigungen zurückgenommen hat. Die Widersprüchlichkeiten und das Hin und Her in der Beziehung seien dem Gericht sehr bewusst.

Gericht von Aussagen des Opfers überzeugt

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Man habe „keine Bedenken“ bei der Verurteilung, sagte die Vorsitzende Richterin in ihrer Urteilsverkündung. „Wir sind überzeugt, dass das stimmt, was das Opfer sagt.“ Dass die junge Frau ihre Aussage zwischenzeitlich zurückgenommen habe, gehe auf die Beeinflussung durch den Angeklagten zurück. „Wenn sie keine Angst mehr vor ihnen haben muss, kommen die wahren Aussagen“, so die Richterin. Sie entschied auch, den Haftbefehl gegen den Wittener aufrechtzuerhalten. Denn das Gericht geht davon aus, dass der Verurteilte sonst sofort wieder versuchen würde, seine Ex-Freundin zu manipulieren.