Witten. Hat ein Wittener seine Freundin vergewaltigt? Ein Ermittler glaubt, dass sie ehrlich ist. Auch das Gutachten spricht nicht für den Angeklagten.
Im Prozess um eine Vergewaltigung sieht es nicht gut für den 30-jährigen Angeklagten aus. Aussagen von Polizei und Gutachterin lassen den Wittener in einem äußerst ungünstigen Licht erscheinen – und er selbst trägt kräftig dazu bei, diesen Eindruck noch zu verschlimmern.
Laut Anklage soll der Mann im April letzten Jahres seine 20-jährige Freundin mit Gewalt daran gehindert haben, nach einer gemeinsamen Nacht die Wohnung zu verlassen. Als sie schrie, habe er ihr zunächst ein Kissen aufs Gesicht gedrückt, sie dann im Bad mit ihrem Kopf gegen die Wand geworfen und sie schließlich vergewaltigt, so die Staatsanwältin.
Ist die junge Wittenerin noch glaubwürdig?
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Der Wittener bestreitet die Vorwürfe, behauptet, die 20-Jährige wolle ihm nach dem Ende der Beziehung nun etwas anhängen – so wie es zuvor schon mehrfach getan habe. In der Tat hatte die 20-Jährige mehrfach Anzeige gegen ihren damaligen Freund erstattet – wegen Körperverletzung oder Bedrohung etwa – und die Anzeigen dann wieder zurückgezogen. Ist sie nun noch glaubwürdig?
Ganz sicher, meint der Hauptkommissar, der sie vernommen hat, am Mittwoch (29.9.) vor dem Amtsgericht. Er habe keinerlei Zweifel, dass die junge Frau ihm die Wahrheit gesagt habe. „Es gab keinerlei Anzeichen für Lügen.“ Außerdem sei die 20-Jährige nicht raffiniert genug, so etwas vorzuspielen. Vielmehr habe die Handy-Auswertung des Angeklagten ergeben, dass der 30-Jährige unter einem Kontrollzwang leide. Liebesschwüre und Beschimpfungen würde sich quasi minütlich in den Chats abwechseln, die Frau werde emotional isoliert. „Mich hat hat an die Loverboy-Methode erinnert“, so der Ermittler. Allerdings gehe es dem Angeklagten dabei nicht im Prostitution, „sondern um seine eigene Sexualität“.
Der Angeklagte habe Druck auf seine Freundin ausgeübt
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Auch seine Kollegin zeigt sich vor Gericht überzeugt, dass die 20-Jährige in eine Abhängigkeit zu dem Angeklagten geraten ist. Der habe in der On-Off-Beziehung immer wieder Druck auf sie ausgeübt. „Er hat gedroht, sie in ,die Klapse oder den Knast’ zu bringen.“ Durch die Naivität seiner Freundin habe er dabei ein leichtes Spiel gehabt: Die zarte Frau, die wie ein junges Mädchen wirkt, ist lernbehindert, intellektuell auf dem Niveau einer Grundschülerin. Vor Gericht wirkt sie diesmal aber sicherer als zuvor. Vor vier Wochen hatte sie gezögert, die Vorwürfe zu wiederholen, diesmal tut sie es recht energisch.
Menschen zu manipulieren und zu instrumentalisieren: Dies beides gehöre zum Krankheitsbild, das die Gutachterin Dr. Rita Wietfeld dem Angeklagten bescheinigt. Er leide an einer dissozialen Persönlichkeitsstörung. Merkmale der Störung sei, dass Empathie, Respekt und Fähigkeit zur Selbstkritik fehlen. „Der Angeklagte hat die Wahrnehmung, immer selbst Opfer zu sein – das zieht sich bei ihm wie ein roter Faden durchs Leben“, so die Psychiaterin, die den Angeklagten schon mehrfach begutachtet hat.
Gutachterin sieht keine Möglichkeit der Therapie
Der 30-Jährige komme aus schwierigen Verhältnissen, habe selbst offenbar Missbrauch und Misshandlung erlebt, ist mit vier Jahren von der Mutter weg in eine Pflegefamilie gekommen. Allerdings: Seine Intellekt sei ebenso wenig gestört wie seine Einsichtsfähigkeit. Anlass für eine Therapie gebe es nicht. Wietfeld: „Ich weiß nicht, wo die ansetzen könnte.“
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Mit dieser Darstellung seines Charakters ist der Angeklagte alles andere als zufrieden. Vollkommen fehlerhaft sei das Gutachten, schimpft er aufgebracht. Mit wüsten Beschimpfungen, die er akribisch aufgeschrieben hat, will er seiner Empörung Luft machen. Doch die Vorsitzende Richterin Dr. Barbara Monstadt stoppt ihn mit scharfen Worten. „Unsäglich“ sei sein beleidigendes Gebaren. Sie nimmt das Pamphlet lieber zu den Akten.
Geholfen hat dem Angeklagten der Wutausbruch sicher nicht. Vielleicht können das aber die zwei Zeugen, die am kommenden Montag noch gehört werden sollen.