Witten. Die Grünen kritisieren in ihrer Haushaltsrede die Corona-Isolation. Ihr Fokus liegt auf praktischen Hilfen für die Menschen.
Der Rat der Stadt Witten hat den Hauhalt für das laufende Jahr abgesegnet. Um die Sitzung am Montagabend möglichst kurz zu halten, wurde in diesem Jahr auf die sonst üblichen Reden zum Haushalt verzichtet. Stattdessen gaben die einzelnen Fraktionen sie zu Protokoll. Was Birgit Legel-Wood, Fraktionsvorsitzende der Wittener Grünen, zum Haushalt von Kämmerer Matthias Kleinschmidt zu sagen hat, lesen Sie hier.
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„Hier die Zahlen, die uns tagesaktuell in Witten beschäftigen: Covid-Fälle insgesamt 2578, genesen 2299, aktuell infiziert 189, Todesfälle 90, Inzidenzwert 71,91. Geschäfte, Restaurants, Kneipen und Cafés sowie Kulturbetriebe sind geschlossen. Das bringt die dort Beschäftigten in finanzielle Not. Die Schulen sind geschlossen, Kindertagesstätten eingeschränkt geöffnet. Das führt zu vermehrtem Stress und Gewalt in Familien.
Grüne betonen in Haushaltsrede die Folgen der Corona-Pandemie für die Wittener Bürger
Kontaktverbote und geschlossen Sporteinrichtungen führen zu verstärkter Isolation und Vereinsamung. Es geht um unsere seelische und körperliche Gesundheit. Und jede einzelne Familie ist betroffen und wieder einmal trifft es die Schwächsten am härtesten: finanzielle Sorgen, kein stabiles WLAN oder fehlende digitale Endgeräte für das Lernen auf Distanz, keine Rückzugsmöglichkeiten.
Die kurz- und mittelfristigen Perspektiven aus der Pandemie sind noch ungewiss. Die Inzidenzwerte im Kreis stagnieren und mittlerweile sind auch die weit ansteckenderen Virusvarianten bei uns angekommen. Und wie lange es dauert, bis ausreichend Menschen geimpft worden sind, kann auch noch nicht abgesehen werden. Unter Umständen stehen uns noch sechs harte Monate bevor.
„Corona-Isolation“ für Grünen-Fraktionschefin das Unwort des Jahres
Vor diesem Hintergrund beschließen wir heute den Haushalt für 2021. Mit meinem Unwort des Jahres „Corona-Isolation“. Da wird nicht isoliert, da wird verschoben. Da werden die Kosten und Einnahmeverluste aus dem aktuellen Haushalt herausgerechnet – und die finanziellen Lasten unseren Kindern und Enkelkindern aufgebürdet.
Das ist ein buchhalterischer Handstreich, den Haushalt genehmigungsfähig zu machen – während parallel dazu bis zu 100 Millionen Euro neue Schulden aufgebaut werden. Kurzfristig mag dieser Trick helfen. Mittelfristig brauchen wir aber eine nachhaltige Entschuldung der Kommunen. Hier sind Bund und Land gefordert.
„Wie können wir den Menschen in der Stadt ganz aktuell helfen?“
Angesichts der Pandemie müssen wir uns im Hinblick auf den Haushalt fragen, wie wir den Menschen in unserer Stadt ganz aktuell helfen können. Und deshalb zielen unsere Anträge auf Schulsozialarbeit, um insbesondere gefährdeten Kindern besser helfen zu können. Auf die Unterstützung der Kulturschaffenden, denen die Einnahmen weggebrochen sind. Auf die schnellere Umsetzung des Radverkehrskonzeptes, da gerade aber nicht nur in Pandemiezeiten das Fahrrad die beste Alternative zu Bussen und Bahnen sowie dem Auto darstellt. Und trotz Corona bleibt der Kampf gegen den Klimawandel eine zentrale Aufgabe.
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Wir müssen die Menschen in unserer Stadt unterstützen. Und genau deshalb begrüßen wir auch die Anträge der anderen Fraktionen, die in die gleiche Richtung gehen: Mehr Streetworker*innen, mehr freies WLAN, eine Beratungsstelle für Schreibabys, verstärkte Ersatzpflanzungen von Straßenbäumen.
Grüne kanzeln Anträge der Linken als Schaufensterpolitik ab
Bei vielen Anträgen der Linken handelt es sich einmal mehr um Schaufensterpolitik. Manchmal ist weniger einfach mehr. Insbesondere dann, wenn es sich um wieder aufgewärmte Anträge der letzten Jahre handelt. Außerdem wäre es hilfreich, wenn die Stadt auch wirklich zuständig wäre.
Denn die Kennzahlen für die Grundschulen oder den Plastikanteil sind Kreisangelegenheit oder werden vom Land entschieden.
Die Forderung nach einem Konnexitätsbericht, Kennzahlen für den Straßenbau oder den Baumschutz bedeuten zusätzliche Arbeit für die Verwaltung, ohne dass wir einen einzigen Euro mehr in die Kasse bekämen, ein einziger Straßenmeter mehr saniert würde oder ein einziger Baum gerettet werden würde. Diese Ziele müssen auf anderen Wegen erreicht werden.
Keine Leiharbeiter – eigentlich eine vernünftige Forderung. Das macht aber nur da Sinn, wo Beschäftigungsperspektiven aufgezeigt werden können. Auf längere Sicht können wir keine Stellen für Sicherheitspersonal schaffen.
Aber der absolute Höhepunkt des Populismus ist der Antrag „Kanalsanierung statt Haushaltsanierung“. Zu Gebühren – also auch zu den Entwässerungsgebühren – gibt es rechtliche Vorschriften. Aber nehmen wir einmal an, das sei nicht so. Wir beschließen den Antrag der Linken. Es entsteht ein Haushaltsloch von 5,7 Millionen Euro. Der Haushalt ist nicht mehr genehmigungsfähig. Also müssen wir die Grund- und Gewerbesteuer entsprechend erhöhen. Und das will doch wohl keiner von uns.
Grüne wollen Parkgebühren weder erhöhen noch abschaffen
Zum Thema Parkgebühren sind in diesem Jahr zwei Extreme vertreten. Die Abschaffung der Parkgebühren für 2021 und die Erhöhung der Parkgebühren. In der aktuellen Situation sprechen wir Grüne uns gegen beides aus. Wir wollen einerseits den Handel in der Innenstadt in diesem Jahr nicht weiter schwächen, aber andererseits das Autofahren nicht zusätzlich subventionieren.
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Eine Erhöhung der Parkgebühren, um zusätzliche Einnahmen für Radwege zu gewinnen, ist eine gute Idee – aber nicht für das laufende Jahr. Wir sollten diese Anregung für den nächsten Haushalt noch einmal überprüfen.
Grüne: Haushalt trägt der Ausnahme-Situation Rechnung
Wir befinden uns in Ausnahmezeiten. Die uns von der Verwaltung vorgelegten Entwürfe des Haushaltes, des Stellenplans und des Haushaltsanierungskonzeptes tragen dieser Situation Rechnung. Deshalb gilt unser Dank allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für die gute Vorbereitung.
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In der Hoffnung, dass unsere Anträge mehrheitlich mitgetragen werden, stimmt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Stadt Witten dem Haushaltsplan 2021 mit allen seinen Anlagen zu. Wir tun dies in dem Bewusstsein, dass die „Corona-Isolation“ uns in den nächsten Jahren noch vor schwierige Aufgaben stellen wird. Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen wird auch in Zukunft diese Herausforderungen engagiert und konstruktiv annehmen.
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