Witten. Hat sich SPD-Bürgermeisterkandidatin Leidemann die Wahlempfehlung der Grünen in Witten teuer erkauft? Die Redaktion nahm sie ins Kreuzverhör.
Der „grüne Deal“ zwischen SPD-Bürgermeisterkandidatin Sonja Leidemann und der Öko-Partei im Falle ihres Sieges bei der Stichwahl am Sonntag hat einige Wellen geschlagen. Wie berichtet, haben die Grünen eine Wahlempfehlung für die Amtsinhaberin ausgesprochen. Dafür wurden ihnen umfangreiche Zusagen gemacht, um grüne Politik in der neuen Ratsperiode umzusetzen. Wir fragten die Bürgermeisterin, wie sie all das bezahlen will.
Wie möchten Sie Ihre teuren grünen Geschenke bezahlen, falls sie denn wiedergewählt werden?
Das sind keine teuren grünen Geschenke. Von den drei Klimaschutzmanager-Stellen stehen schon zwei im Stellenplan. Und natürlich gibt es auch Menschen im Planungsamt, die am Radverkehrskonzept arbeiten. Wir müssen aber gucken, wie wir dieses Konzept verwaltungsintern zügiger umsetzen, diese Kritik teile ich. Es geht darum, wie man eine stärkere Gewichtung innerhalb der Verwaltung organisieren kann. Das gilt auch für den Naturschutz, den wir mit drei Stellen stärken wollen. Eine davon ist im Grünflächenamt umbesetzt. Wir brauchen einfach mehr Stadtgrün.
Aber ein neues viertes Dezernat gibt’s auch nicht umsonst.
Ich halte das angesichts der Herausforderungen bei Digitalisierung und Schule für extrem wichtig. Es gibt immer mehr Aufgaben. Wir brauchen nicht nur Indianer, wie die CDU sagt, sondern auch noch ein paar Häuptlinge, die das Ganze in Gang setzen und nach vorne tragen.
Werfen Sie für Ihre Wiederwahl alle Grundsätze einer sparsamen Haushaltsführung über Bord?
Nein, im Gegenteil. Alle fordern Klimaschutz, es gibt eine entsprechende Ratsresolution. Auch darin steht, dass es Geld kostet. Man kann nicht irgendwas predigen und hinterher fehlen die Mittel, um es umzusetzen. Und es hat sich gezeigt, der Wille ist da, wir sind aber in einigen Punkten wie gesagt nicht schnell genug.
Vier Millionen Euro allein für das Radverkehrskonzept im nächsten Jahr. Wie wollen Sie das der Alleinerziehenden erklären, die auf einen Kita-Platz wartet, oder aber auch dem Häuslebauer, der immer noch eine der höchsten Grundsteuern in Deutschland zahlt?
Wir haben einen Etat von über 350 Millionen Euro. Klimaschutz kostet halt Geld und dann müssen wir die Euros dafür auch in die Hand nehmen. In den letzten Jahren haben wir immer mehr Personal in der Kernverwaltung abgebaut. Aber es kann auch nicht alles für den Sozialstaat draufgehen. Unsere Stadt muss liebens- und lebenswert bleiben. Ich bin ganz oft auf die Umsetzung des Radverkehrskonzeptes angesprochen worden. Damit müssen wir uns quer durch die Verwaltung beschäftigen.
Ihre eigene Partei liegt nach der Kommunalwahl ziemlich am Boden, ist auf einen historischen Tiefstand abgestürzt. Ist sie überhaupt noch regierungsfähig?
Gemessen an der Europawahl und der dort größeren Beteiligung konnte die SPD ihr Ergebnis sogar etwas verbessern. Ja, sie ist gestaltungswillig, deshalb waren die Gespräche mit den Grünen auch so fruchtbar. Es herrscht eine Aufbruchstimmung, stärker an den Themen zu arbeiten und sie inhaltlich umzusetzen.