Witten. Um Mitternacht hat es dann doch noch ein vorläufiges amtliches Endergebnis für den Wahlkreis 139 gegeben. An Witten lag es diesmal aber nicht.
Bis 21.45 Uhr waren im Wahlkreis 139 Ennepe-Ruhr-Kreis II 190 von insgesamt 206 Stimmbezirken ausgezählt. Doch plötzlich tauchten auf der Internetseite des Kreises keine weiteren Ergebnisse mehr auf. „Es sah so aus, als ob nichts mehr passierte. Das stimmt aber nicht. Es gibt einen Erlass, der das so vorgibt“, sagt Kreissprecher Ingo Niemann. Und dann fehlte am Ende auch noch ein Briefwahlbezirk in Wetter. Deshalb lag das vorläufige amtliche Endergebnis erst gegen Mitternacht vor.
Das war aber nichts im Vergleich zur Kommunalwahl vor einem Jahr, als ein Großrechner in Hagen schlappmachte und lange Zeit keine weiteren Ergebnisse mehr eintrudelten. Diesmal ging alles flotter, zumindest in Witten. Und der positive Trend für die SPD war auch schon früh zu erkennen.
Bei den Erststimmen setzte sich Direktkandidat Axel Echeverria klar durch. Der 41-Jährige kam in den fünf Städten Witten, Wetter, Herdecke, Hattingen und Sprockhövel auf 35,4 % der Stimmen und gewann das Direktmandat. In Witten lag er mit 36,8 % noch etwas darüber. Gegenüber 2017 verlor die SPD bei den Erststimmen im Wahlkreis 139 etwa 1,3 Punkte.
CDU-Kandidat für Witten und den Kreis weit abgeschlagen hinter Echeverria
Bei ihrer Wahlparty in Witten hatten die lange Zeit leidgeprüften Genossen jedenfalls endlich mal wieder Grund zum Jubeln, wenngleich auf Bundesebene das Rennen um die Kanzlerschaft noch nicht entschieden ist. Der insgesamt positive Trend für die SPD im ganzen Land schlug aber auch in Witten voll durch. Hinzu kam ein Wahlkampf, der offenbar den Wähler erreicht hat. „Das Team Axel hat gut zusammengestanden“, sagt Vize-Landrätin Sabine Kelm-Schmidt (53).
Er hoffe jetzt, dass es am Ende für eine SPD-geführte Regierung reicht, sagt Ratsherr Christoph Malz aus Bommern. Er sei erstaunt, dass FDP und Grüne diesmal die Entscheider werden. „Ich hoffe auf die Ampel, aber befürchte Jamaika.“ Sie rechne nun mit sehr schwierigen Koalitionsverhandlungen, sagt Beate Gronau (70), Schatzmeisterin der Wittener SPD. Parteifreund Malz findet es „sehr erfreulich“, dass der Anteil der AfD ein bisschen geschrumpft sei – zugunsten der anderen Parteien.
Neue Juso-Vorsitzende enttäuscht, dass es nichts mit Rot-Rot-Grün wird
Viele in der Partei sind froh, dass die GroKo nun ein Ende hat. „Es wird Zeit, dass die Union nach 16 Jahren in die Opposition kommt“, sagt der ehemalige EN-Jusovorsitzende Leon Reinecke (23). „Wie sich jetzt die Grünen entscheiden, müssen sie selbst sehen“, sagt seine Nachfolgerin Martha Sonström (18). Sie ist etwas enttäuscht, dass es nichts mit Rot-Rot-Grün wird.
Weit abgeschlagen auf Platz zwei landete die Union. CDU-Bewerber Hartmut Ziebs bekam zwar etwas mehr Stimmen als seine Partei, aber letztlich auch nur nur 24,6 % im Wahlbezirk 139 (-8,4 % zu 2017). In Witten wählten ihn nur 22,7 % (-6,6).
CDU-Bürgermeister von Witten hat Axel Echeverria zum Gewinn des Direktmandats gratuliert
„Ich habe Axel heute Morgen schon gratuliert. Für Hartmut Ziebs fand ich es aufgrund seines Engagements sehr schade, dass er im Bundestrend unter die Räder gekommen ist“, kommentierte am Montag Wittens Bürgermeister Lars König (CDU) den Ausgang der Bundestagswahl vor Ort. „Wie es weitergeht, ist eine spannende Frage, die uns länger beschäftigen wird. Mein Favorit ist eine Jamaika-Koalition. Aber ob das realistisch ist, vermag ich nicht zu beurteilen.“
Er hoffe, so König, dass bei der Umsetzung des Regierungsprogramms weniger das ideologische Sendungsbewusstsein im Mittelpunkt stehe, sondern die Menschen, die heute schon hohen Belastungen ausgesetzt seien. Ihnen habe man im Vorfeld nicht ausreichend „reinen Wein“ eingeschenkt.
Grüne: Stark zugelegt, aber nicht zufrieden
Einen guten, wenn gleich für sie nicht zufriedenstellenden dritten Platz belegen die Grünen. Kandidatin Ina Gießwein konnte das Ergebnis im Wahlbezirk (16 %, +7,4) und Witten (16,9, +6,9) zwar verdoppeln. Doch wie im Bund hatte sie sich mehr versprochen. Geschäftsführer Jan Dickerboom (42) von den Wittener Grünen rechnet damit, dass die Basis am Ende über einen Koalitionsvertrag abstimmt. „Wie fast alle Grünen hätte ich lieber die Ampel. Am Ende kommt es aber auf die Ergebnisse an, vor allem beim Klimaschutz.“
FDP-Kandidatin Anna Neumann holte 8,5 % im Kreis (-2,1) und 7,2 % (-2,5) in Witten. AfD-Kandidat Carl-Dietrich Korte belegte im Kreis mit 7,2 % Platz fünf (Witten: 7,5 %). Vor vier Jahren hatte die AfD noch keinen eigenen Kandidaten.
Die SPD bleibt stärkste Kraft. Auf sie entfielen im Wahlbezirk 33,7 % der Zweitstimmen (+3 %). 45.664 Menschen gaben ihr ihre Stimme. In Witten liegt die Partei mit 34,1 % (+3,2) noch etwas über dem Kreisergebnis und weit vor ihrem Resultat im Bund.
CDU und Linke sind die großen Wahlverlierer in Witten und im Kreis
Die CDU schnitt mit 22 % (-5,3) noch schlechter als im Bund ab. 29.855 Menschen haben im Ennepe-Ruhr-Kreis II schwarz gewählt. In Witten (20,4 %) kam die Union auch unter die Räder und verlor 4,7 Punkte. Die Grünen holten 16,2 % im Kreis (+8 %). 21.941 der Stimmen entfielen auf die Klimapartei. In Witten bekamen sie noch etwas mehr (17,3 %, +8,6 %).
Die FDP bestätigte mit 10,6 % (-0,1) im Kreis ihr Ergebnis von vor vier Jahren. 14.432 Menschen gaben den Liberalen ihre Stimme. In Witten blieben sie knapp einstellig (9,6 %, -1,5 %). Die AfD kommt im Kreis auf 7,1 % der Stimmen (-2,6 %). 9654 Wähler machten ihr Kreuz bei der Rechtsaußenpartei. in Witten waren es 7,3 % (-2,8). Die Linken sind neben der CDU einer der großen Verlierer im Wahlbezirk 139 (3,7 %, -4,4). 5029 Menschen wählten in EN II die Linkspartei. In Witten (4,1 %) verlor sie sogar 5,2 Punkte.