Sprockhövel. War der Bundestrend Schuld? Von der Kandidatur ihres Bundestagskandidaten Hartmut Ziebs hat sich die CDU in Witten und Hattingen mehr erhofft.

Die Erwartungen waren hoch. Obwohl der Wahlkreis seit Jahrzehnten fest in SPD-Hand ist, obwohl der Bundestrend auf die Ergebnisse drückt, haben die Christdemokraten im Kreis fest an einen Wahlsieg für ihren Kandidaten Hartmut Ziebs geglaubt. „Am Kandidaten hat es nicht gelegen“, bilanziert Oliver Flüshöh, CDU-Kreisvorstand. Mit dem einstigen Feuerwehr-Präsidenten hätten sie einen Kandidaten aufgestellt, der menschlich und mit seiner Kompetenz überzeugt hätte. Beim Wähler kamen die Vorzüge des 62-Jährigen nicht an.

Der Bundestagskandidat für Witten, Hattingen und Sprockhövel feiert im Stadion der TSG Sprockhövel. Seine Familie ist vor Ort, sowie Parteifreunde aus allen fünf Städten des Wahlkreises. Noch bevor die ersten Hochrechnungen an eine Leinwand gebeamt werden, ist er so zappelig, dass er kurzerhand das Bierzapfen übernimmt. Er freut sich vor allem über die hohe Wahlbeteiligung: „Es ist so gut, dass die Menschen von ihrem Recht zu wählen Gebrauch gemacht haben. Das ist das höchste Gut, das wir in der Bundesrepublik haben.“

„Das Ergebnis ist unverdient und sehr, sehr schade“

Von den Jungs auf den Platz, die sich parallel zur Wahlparty ein Turnier liefern, kann sich die CDU inspirieren lassen: Die Sprockhöveler kegeln mit einem 18:0 die Gegner aus Hagen vom Platz.

Diverse Hochrechnungen werden auf einer Leinwand in der Baumhof-Arena in Sprockhövel angezeigt.
Diverse Hochrechnungen werden auf einer Leinwand in der Baumhof-Arena in Sprockhövel angezeigt. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Ein ähnliches Ergebnis hätten sich viele Parteifreunde für Ziebs gewünscht. Nachdem sich die Hochrechnungen auf 24 Prozent – neun Prozentpunkte hinter SPD-Kandidat Axel Echeverria einpendeln, ist klar, dass das Direktmandat in SPD-Hand bleibt. „Das Ergebnis ist unverdient und sehr, sehr schade für seinen Einsatz und seine Persönlichkeit“, bedauert Wittens CDU-Bürgermeister Lars König. Er sagt auch: „Wäre die Wahl im Juli gewesen, hätte Hartmut Ziebs gewonnen. Der Bundestrend hat auch unsere Wahl entschieden.“

In den Sog des Bundestrends

Der Student Till Homrighausen (19) hat sich als Wahlkampfhelfer für Ziebs engagiert. Haustürwahlkampf, Fußgängerzone, Podiumsdiskussionen – überallhin hat er den 61-Jährigen begleitet. Sein Eindruck: „Die Leute haben uns zuerst immer auf Armin Laschet angesprochen. Ging es dann direkt um Herrn Ziebs, war das Feedback positiv“, sagt er diplomatisch.

Der Zuspruch bei den Hausbesuchen habe ein ganz anderes Bild ergeben, meint auch Wittens CDU-Chef Ulrich Oberste-Padtberg. „Hartmut Ziebs ist einfach in den Sog des Bundestrends geraten. Nach 16 Jahren CDU im Kanzleramt gibt es eine Wechselstimmung in Deutschland.“

„Kein Hinterbänkler mehr“

Der Bundestagskandidat zapft selbst: Hartmut Ziebs bei der Wahlparty in Sprockhövel.
Der Bundestagskandidat zapft selbst: Hartmut Ziebs bei der Wahlparty in Sprockhövel. © Schild

Vor allem bedauern viele Christdemokraten, dass der Kreis mit Ziebs einen Kandidaten nach Berlin geschickt hätte, der mit seinem Profil – Innere Sicherheit und Katastrophenschutz – ein gefragter Mann gewesen wäre. „Kein Hinterbänkler“, heißt es. „Er hat Voraussetzungen und Erfahrungen, die eine zukünftige Bundesregierung gut gebrauchen könnte“, findet Walter Faupel, stellv. Landrat des EN-Kreises, der sich seit 50 Jahren in der Kreis-CDU engagiert.

Der Schwelmer Ziebs lässt sich die Enttäuschung nicht anmerken. „Jetzt habe ich mehr Zeit für die Kommunalpolitik“, sagt er. Und betont: „Das hat irren Spaß gemacht, in jeder Stadt.“ Von den etwa 50 Parteifreunden im TSG-Stadion gibt es großen Applaus. Kreisvorsitzender Oliver Flüshöh betont: „Als wir mit dem Bundestagswahlkampf begonnen haben, war die Ausgangslage eine andere. Wir waren stärkste Kraft und haben den stärksten und besten Kandidaten aufgestellt.“