Witten. Die Grünen in Witten haben vorläufigen Ergebnisse der Wahl sehr verhalten aufgenommen. Sie landen auf Platz drei – und hatten sich mehr erhofft.

Irgendwie haben sie alle es hier erwartet, aber gehofft hatten sie doch noch bis zum Schluss: Die ersten Prognosen der Bundestagswahl 2021 sorgen im Knut’s im Wiesenviertel für lange Gesichter. Hier haben sich die Grünen aus Witten und der Kreisverband um Direktkandidatin Ina Gießwein geschart und verfolgen gemeinsam die Auszählung der Stimmen.

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Bei 14,5 Prozent der Stimmen sieht eine erste Hochrechnung die Ökopartei. „Das ist ein total gutes Ergebnis“, sagt Gießwein. Und will sich die Enttäuschung erstmal nicht anmerken lassen. Im Vergleich zur letzten Bundestagswahl 2017 habe man sich fast verdoppelt. „Aber wir haben natürlich mit viel mehr gerechnet“, gibt die 39-Jährige zu. Und versucht, nach vorne zu schauen: „Wir haben es geschafft, in diesem Wahlkampf einen Akzent zu setzen, klar zu machen, wie wichtig Klimaschutz ist“, sagt die gelernte Logopädin. Nun sei es Aufgabe der Grünen, dafür zu sorgen, dass diese Erkenntnis auch in Taten umgesetzt werde.

Erste Prognosen sorgen bei den Wittener Grünen für Enttäuschung

So wie ihre Direktkandidatin sehen das die meisten, die sich zur Grünen-Wahlparty im Biergarten des Knut’s eingefunden haben. Der ist am frühen Abend schon mehr als gut gefüllt, Stühle müssen aus dem benachbarten „Raum“ ausgeliehen werden. Die ersten Zahlen sorgen für das ein oder andere frustrierte Aufstöhnen, manch einer verdreht die Augen – und hat vielleicht sogar noch heimlich auf eine 2 vor dem Komma für die Grünen gehofft. Wie sie einmal möglich schien.

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„Wir haben es nicht geschafft, die Stimmung für den Klimaschutz in Stimmen umzusetzen. Da kann man nichts schönreden“, sagt Verena Schaeffer, Wittenerin und Vorsitzende der Grünen Landtagsfraktion. Das sei „eine große Enttäuschung“. Dennoch: Man habe es geschafft, den Klimaschutz zu einem Thema zu machen, zu dem sich auch alle anderen Parteien klar positionieren mussten.

Kurzer Höhenflug wurde schnell „verspielt“

Auch Joachim Drell vom Wittener Vorstand zeigt sich nicht überrascht. „Wir hatten einen kurzen Höhenflug, den wir sehr schnell verspielt haben“, sagt Drell. Und vor Ort könne man nur schlecht gegen den Bundestrend arbeiten. Immerhin hat die Partei in der Ruhrstadt leicht besser abgeschnitten als im Bund – hier lag sie bei 17 Prozent. Der Wahlkampf habe aber eines gezeigt, so Drell: dass es in der Bevölkerung einen starken Willen gebe, die CDU nach 16 Jahren abzuwählen. Er hofft auf eine neue Koalition ohne die Christdemokraten – und darauf, dass die Linke es in den Bundestag schafft. Denn mit der FDP zu verhandeln, wenn es keine anderen Optionen gebe, sei deutlich schwieriger.

Natürlich habe man sich mehr erhofft, sagt Leander Holtz, ebenfalls vom Wittener Vorstand. „Aber im Vergleich zur letzten Wahl haben sich mehr Menschen mit unseren Werten identifiziert“, so der 20-Jährige. So könne man nun mitregieren und Ziele umsetzen.

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Juliane Schell, ebenfalls Vorstandsmitglied, ist vor allem froh, dass ihre Partei als drittstärkste Kraft aus der Wahl hervorgegangen ist. „Die anderen kommen an uns Grünen nicht vorbei. Damit sind wir jetzt in einer starken Position“, sagt sie mit Blick auf mögliche Koalitions-Verhandlungen. Und auf die richten sich an diesem Abend schon bald die Gedanken. Denn schnell ist auch klar: Ina Gießwein wird als Direktkandidatin nicht nach Berlin fahren. Sie landet mit knapp 16 Prozent der Erststimmen auf Platz 3.

Und auch über die Landesliste, auf der sie auf Platz 33 steht, wird es wohl sehr eng bis unmöglich für die Schwelmerin. Enttäuscht sei sie darüber aber nicht, sagt Gießwein. Sie werde sich nun weiterhin im Kreistag und beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe engagieren. Und sie hofft auf eine künftige Regierung, in der „die wirklich wichtigen Themen unserer Zeit“– wie Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit – angegangen werden. Und auf mehr Transparenz. „Politik muss sich ändern.“